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Seite:Die zehnte Muse (Maximilian Bern).djvu/103

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Verschiedene: Die zehnte Muse


Der Wunsch.

Du holder Gott der süssen Lust auf Erden,
     Der schönsten Göttin schöner Sohn!
Komm, lehre mich die Kunst geliebt zu werden;
     Die leichte Kunst zu lieben weiss ich schon.

5
Komm ebenfalls und bilde Phyllis Lachen,

     Cythere, gib ihr Unterricht;
Denn Phyllis weiss die Kunst, verliebt zu machen;
     Die leichte Kunst zu lieben weiss sie nicht.

Friedr. von Hagedorn
(1708–1754.)





Ein Sehnen.

Sprödes, knospenscheues Mädchen,
Könnt’ ich einmal noch dich küssen
Scheu wie einst, da du errötet,
Hab’ auch selbst erröten müssen!

5
Die gesenkte braune Wimper

Hielt den süssen Groll zusammen,
Hielt die zage Glut verborgen,
Deines Busens erste Flammen.

Könnt’ ich einmal noch beklommen,

10
Reinen Herzens so dich schauen,

Da ich reuevoll und bangend
Hing an deinen Augenbrauen!

Was ich gierig je genossen,
Trüben Lebens wilde Lüste,

15
Gäb’ ich hin für jenes Zagen,

Da ich scheu zuerst dich küsste.

Otto Erich Hartleben.


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/103&oldid=- (Version vom 31.7.2018)