Verschiedene: Die zehnte Muse | |
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Das Fest im Kuhstall.
(1822)
Seht mir doch die blanken Rinder,
Wie sie steh’n in vollem Glanz!
Reich geschmückt wie Christtags-Kinder,
Kopf und Nacken ziert der Kranz.
Fein von Sitten und Gewand;
Und um Ohr und Hörner krauen
Sie mit schmeichelnd weicher Hand.
Sonst von Rohen nur misshandelt
Hat die Welt sich so verwandelt?
Ward der Mensch mit eins gerecht? –
Armes Volk! du hebst den Nacken,
Und es wächst dir neu der Mut?
Heut ist man zum Scherz dir gut.
Wenn nicht eigne Lust sie triebe,
Deine lockte sie wohl nie;
Armes Volk! Nicht deine Liebe,
Der Besuch der Gräfin.
Behüte! so draussen wie drinnen welch’ Leben!
Im Pfarrhof flog Teller und Tuch!
Die gnädige Gräfin liess melden soeben,
Sie komme zum Mittagsbesuch.
Galt’s doch, an so wichtigem Tag
Zu zeigen an Speisen, Gedeck und Service,
Was Küche und Keller vermag.
Abstäubte den Saal man, die Prachtkonterfeie
Hochwürd’ge mit Bibeln, Matronen voll Weihe,
Geschnürten Korsetts und im Reif.
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/214&oldid=- (Version vom 31.7.2018)