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Verschiedene: Die zehnte Muse

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Zerfetzt sind die Schuh’ und zerrissen das Kleid,

Meine Liebste, die hat einen andern gefreit,
Sie tanzte mit Fiedel und Klarinett’
In ein behäbiges Bürgerbett.

Da bleibt mir wohl nichts als Weitergeh’n

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Und nicht mehr nach Dächern und Schwalben seh’n

Meine Augen, die brennen und dürfen’s nit schau’n,
Wie die sich schnäbeln und Nester bau’n . . .


Georg Busse-Palme.






Vagabunden.

Auf staubiger Strasse fanden
Sich beide von ungefähr;
Er kam aus welschen Landen,
Sie kam von Norden her.

5
Er war ein leichter Geselle,

Sie war ein lockres Blut;
Sie küssten sich auf der Stelle
Als wären sie längst sich gut.

Zigeuner mit Zimbeln und Geigen

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Kamen des Wegs heran;

Die spielten den Hochzeitsreigen
Auf blumigem Wiesenplan.

Den Rest der Flasche tranken
Sie fröhlich miteinand,

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Und weiter sah man wanken

Das Pärlein Hand in Hand.

Nur wenig beide sich frugen,
Sie fanden leicht ihr Glück,
Und frohgemeinsam trugen

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Sie Lust und Missgeschick.


Einst in ein Dorf hinunter
Stieg er im Abendschein;
Im hohen Korne munter
Harrte die Liebste sein.

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Sie harrte bis zum Morgen

Hungernd auf den Genoss.
Und er – er sass geborgen,
Sass hinter Riegel und Schloss.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/226&oldid=- (Version vom 31.7.2018)