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Verschiedene: Die zehnte Muse

Sie frug an allen Toren,

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Sucht’ ihn von Ort zu Ort.

Er blieb für sie verloren,
Und einsam zog sie fort.

Und als der Vogel entflogen,
Da fing der Büttel sie.

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Denselben Weg sie zogen

Und fanden sich doch nie.


Paul Barsch.






Neid.

Still hockt vor seiner Schwelle
Ein müder Bauersmann,
Ein wandernder Geselle
Blickt ihn neidisch an.

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„Ach, wer’s doch auch so hätte!"

Er denkt es wehmutvoll,
„Noch winkt mir keine Stätte,
Wo ich heut rasten soll."

Der Bauer in seinem Grolle

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Sinnt: „Schlecht ist das bestellt.

Ich quäl’ mich an der Scholle,
Der Lump besitzt die Welt!"


Paul Barsch.







Zigeunerliebe.

Sag’ wo ist der Durst, der Hunger,
Kälte, Wind und alle Nöte,
Küss’ ich deine runden Brüste,
Glutentbrannt, in Flammenröte?

Deine runden, süssen Brüste,
Deine Lippen, Hals und Glieder, –
Und ich bin ganz lebenstrunken,
Und mein Blut jauchzt Schelmenlieder.

Sieh, in deines Leibes Schönheit
Zieh ich ein als stolzer Krieger –
Hier mein Reich, hier meine Stärke!
Königin, empfang den Sieger!


Michael Georg Conrad.


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/227&oldid=- (Version vom 12.5.2018)