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Verschiedene: Die zehnte Muse

Aus dem Schoss der Muttererde
     Schallt’s empor vom Schacht,

10
Schallt in Lüften, wo die Herde

     Ward zur Alm gebracht;
Und die starken Dampfmaschinen
Fallen stampfend ein mit Macht:
     Geld verdienen! Geld verdienen!

15
Wie sie rennen, traben, laufen

     Ueber Berg und Thal!
Wie sie rechnen, raffen, raufen
     Bis zur Herzensqual!
Und es steht auf allen Mienen,

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Ob sie blühend oder fahl:

     Geld verdienen! Geld verdienen!

Und die teuern Ideale,
     Die die Kunst ersann,
Dass sie uns vom Erdenthale

25
     Hebe himmelan,

Hört man gar nichts denn von ihnen?
Höchstens, wenn man dadurch kann
     Geld verdienen! Geld verdienen!


Max Hoffmann.




Laster.

Wie im nach eurem Kleide greift,
Wenn unversehens ihr uns streift,
Als hätt’ euch, sonnenlichtverführt,
Ein garstiges Insekt berührt.

5
Ihr habt es leicht, mit Grimm und Grau’n

Auf unsereins herab zu schau’n.
Was kümmert’s euch, wem ich mich bot!
Ihr sasset warm, ihr hattet Brot,
Als ich, fünf Treppen, unterm Dach,

10
Den Hungerlohn zusammenstach.

Der Eltern Liebe euch umfing,
Wenn ich vor Tag zur Arbeit ging,
Den Winter durch im dünnen Kleid,
Vom Sturm gepeitscht und eingeschneit.

15
Hungert wie wir und steht allein!

Dann werft auf uns den ersten Stein!


Albert Sergel.
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Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/306&oldid=- (Version vom 1.1.2017)