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Verschiedene: Die zehnte Muse

     Es kann ja doch die höchste Lust
Auf Erden nicht gedeihen;
Ihr findet sie an unsrer Brust,
Bei uns, den Wasserfeien.

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     Was euer Herz sich wünschen mag,

Ihr findet’s auf dem Grunde;
Zum Augenblick wird euch ein Tag,
Das Jahr zu einer Stunde.

     In unserm kühlen Aufenthalt

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Erwarten euch Freuden und Wonnen,

Soviel als Nadeln ein Tannenwald
Und Tropfen zählt ein Bronnen.« –

     Die Ritter hören’s, es wallt ihr Blut,
Sie springen behend vom Pferde.

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»Wir folgen euch, Nixen, in die Flut;

Fahr wohl, du staubige Erde!«

     Da raschelt das Laub, und die Ritter sehn
Auf einmal einen braunen,
Dickköpfigen Waldzwerg vor sich stehn,

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Darob sie aufs neue erstaunen.


     Das Zwerglein hebt die Hand und spricht:
»Lasst guten Rat euch sagen:
Gehorcht den Wasserfrauen nicht,
Ihr müsstet’s bald beklagen.

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     Wahr ist es, was man euch verhiess,

Man hat euch nicht belogen;
Es liegt ein blühend Paradies
Im Schoss der blauen Wogen.

     Es warten euer auf dem Grund

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Viel Wonne und Vergnügen

Doch etwas hat der Nixen Mund,
Gar weislich euch verschwiegen.

     Es harren eurer kampfbereit –
Erzittert, kühne Ritter,

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Behaftet mit Unsterblichkeit,

Zwölf Nixenschwiegermütter.«


Rudolf Baumbach.
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Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/337&oldid=- (Version vom 31.7.2018)