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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/210

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ist. Die Leinwand, die ich zum Bilde genommen habe, ist nicht gut ...

28) Freitag ... Professor Heine und Professor Peschel machen mir einen Morgenbesuch, um meine Meinung über den zweiten Streitpunkt, der bei der vorgestrigen Sitzung großes Aergerniß gegeben hat, zu erfahren ... Ich bin der Meinung, der Akademische Rath hätte die Anzeige und Anklage der selbständigen Künstler, welche gegen eine Privatsache gerichtet war, nicht annehmen und an ihre Urheber zurückgelangen lassen sollen ... Meine beiden Kollegen scheinen diese Meinung nicht unbegründet zu finden ...

28) Freitag ... Museum. Napoleons Löcher sind schon[WS 1] aus dem gröbsten vermacht. Hätten wir nur den Neffen auch schon in der Mache ...

29) Samstag ... Museum. Kupferstichkabinet. Die Zeichnung nach der Madonna di St. Sisto von Keller ist daselbst aufgestellt, und soeben hat sie der Herr Minister gesehen. Sie ist vortrefflich beendigt, und man muß gestehen, wie vorzüglich die Vorarbeit Schurigs war, so hat doch Keller noch das Beste daran gethan. Gelingt in eben dem Maße der Stich, wie die Zeichnung gelungen ist, so wird die Welt ein Abbild der Raphaelschen Madonna erhalten, wie es bis jetzt noch nicht existierte ... Gaber hat mir einen Probedruck der zuletzt beendeten Platte gebracht, „Pauli Predigt in Athen“ darstellend, welcher wohl nur wegen Mangelhaftigkeit des Druckes einen ungünstigen Eindruck macht ...

30) Sonntag ... Brief an die Wigandsche Buchhandlung. Er enthält den letzten Bericht über den Stand der Arbeiten ... Dabei mache ich aufmerksam darauf, daß es gut sein wird, auf dem Haupttitel des Werks es auszudrücken, daß die Bilder von mir auf das Holz gezeichnet worden sind, und endlich empfehle ich es dringend, die Platten möglichst zu schonen und als wirkliche Original-Platten zu erhalten ... Am Abend wird mir eine Einladung zur Generalversammlung der selbständigen Künstler zugesendet, in welcher Beschluß gefaßt werden soll über einen Antrag auf Ausschließung eines Ehrenmitglieds des Vereins. Dieser Antrag ist auf Hettner gerichtet wegen des erwähnten Artikels ...

Oktober.

5) Freitag. Brief von Herrn Kirchhoff ... Kirchhoff antwortet eingehend auf meinen letzten Brief, in welchem ich meine Sorgen wegen Erhaltung der Holzplatten unseres Bibelwerks ausgesprochen hatte. Es zeigt sich, daß Ade seine Wahrnehmungen in übertriebener Weise mir mitgetheilt hat und daß ich mich beruhigen kann ...

6) Samstag ... Um 7 Uhr haben wir eine Weber-Sitzung ... Hettner liest uns seine Rede vor, die sehr schön ist. Dann liest mir derselbe in einem Nebenraum eine Erklärung vor, welche er dem Akademischen Rath in betreff seines Artikels geben will. Hettner gesteht darin seinen Fehler ein, indem er die Richtung und ihre Vertreter, welche er bekämpfen will, nicht ausdrücklich bezeichnet hat; seine Ansicht hält er aufrecht. Der Ausgang der Sache wird schließlich seinen Gegnern nicht zum Vortheil gereichen ...

7) Sonntag ... Ein Versuch, Rietschel zu sehen bei Ueberreichung der Eintrittskarten in die Festtribüne zur Weber-Feier, mißlingt. Seine Frau sagt mir, daß Carus ihm das Sprechen verboten habe ...

9) Dienstag. Die von Obermann zuletzt vollendete Bibelplatte trägt bedeutende Spuren seines Augenleidens. Sie ist oberflächlich und ohne Gefühl gearbeitet. Sie stellt die Ankunft Pauli in Rom vor ...

11) Donnerstag ... Das Wetter ist zu unserm heutigen Feste das ungünstigste, das man haben kann. Als ich um 10 Uhr im Gypsmuseum mich einstelle, höre ich, daß Hettner sich in das Schloß begeben hat, um anzuzeigen, daß das Dach der Tribüne für den König den Regen durchläßt. Man denkt daran, die Feierlichkeit, d. i. Musik und Reden, im Theater abzuhalten, was aber nicht ausführbar ist. Es muß nun alles gehen, wie angeordnet worden, so gut oder so schlecht, wie es eben gehen will. Der Zug der Musiker und Sänger zieht vom Gewandhaus aus unter fortwährendem Regen nach der Feststätte ... Um 11 Uhr kommt auch der König mit Gefolge. Die Feier beginnt sogleich. Das Rietzsche Eingangsstück mit Text von Kühn ist vortrefflich, ebenso Hettners überall vernehmliche Rede. Darauf folgt die Enthüllung des Denkmals ... Die Mitglieder des Komitees sind zum Theil sehr niedergeschlagen über den ungünstigen Verlauf der an sich so schön angelegten Feier. Bei etwas freundlichem Wetter hätte das Fest einen großen Eindruck machen müssen. Das Komitee wird zur Vorstellung des Oberon im Theater eingeladen und erhält sehr schöne Plätze im Amphitheater ... Tichatscheck ist nicht brillant. Ueberhaupt will mir die Oper nicht gefallen ...

12) Freitag ... Vor dem Besuch des Museums besehe ich mir die Weber-Statue. Es ist ein Standbild von so lebenvoller Auffassung, so porträthaft von Kopf bis zu den Füßen, daß wohl kein Kundiger es ohne tiefere Theilnahme wird betrachten können ...

14) Sonntag. Am Vormittag arbeite ich fleißig und ungestört an meiner Platte und beendige sie ... Gegen 3 Uhr entferne ich mich, um Gaber die Platte zu bringen. Es ist die letzte und ich gebe sie nicht ohne eine eigenthümliche Empfindung aus der Hand. Ein

Werk unter Gottes Beistand glücklich abgeschlossen zu

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: chon. Vermutlich Druckfehler, wurde sinngemäß durch „schon“ ersetzt
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/210&oldid=- (Version vom 12.9.2024)