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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/212

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geben muß, so suche ich Choulant auf, der mir dabei behilflich sein soll. Ich finde ihn in seinem Atelier an der Elbe, und er erklärt sich in liebenswürdiger Weise bereit, meine Wünsche zu erfüllen ... Ludwig ist heute wieder heiser ... Ich gehe Nachmittag zu ihm und spiele mit ihm Schach ...

November.

2) Freitag ... Von meinem ehemaligen Schüler Fraustadt erhalte ich aus Antwerpen einen Brief, in welchem er mich im Namen des Cercle artistique einladet, an einer Ausstellung von Zeichnungen mich zu betheiligen, welche von jenem unter dem Protektorat des Prinzen von Brabant stehenden Vereine nächsten Winter veranstaltet werden soll. Es ist das Verlangen des Vereins dahin gerichtet, Zeichnungen von deutschen Künstlern der ernsten Richtung zugesendet zu erhalten, Zeichnungen, welche vorzugsweise der Periode der Neubelebung der deutschen Kunst zu Anfang dieses Jahrhunderts angehören ... Um 2 Uhr bin ich im Museum und empfange Seine Majestät. Der König ist sehr erfreut über die Restauration des Bildes[1], das er unmittelbar nach den erhaltenen Verletzungen in Leipzig gesehen hat. Dann begiebt sich derselbe noch in die oberen Räume, zunächst in der Absicht, Treppenhaus und Korridor zu besichtigen, da die Sache jetzt bei ihm zur Entscheidung liegt. Ich habe Gelegenheit, meine Ansichten mündlich noch einmal auszusprechen. Soviel ich entnehmen kann, ist er gegen die Ausmalung des Treppenhauses. Ueberhaupt gefällt ihm das Hübnersche Projekt nicht, noch weniger aber, wie er ausdrücklich sagt, das Hähnelsche, da die Behandlung der Amor-Psyche-Mythe zu undeutlich und willkürlich erschiene. Ob der König die Wandflächen zu größeren Darstellungen für geeignet hält, vermag ich nicht zu erkennen; eine Aufstellung von Galeriebildern erscheint ihm aber nicht passend ...

7) Mittwoch ... Mittag 12 Uhr Sitzung des Akademischen Rathes zur Beurtheilung der eingesendeten Konkurrenzarbeiten ... Unter den Skizzen zum plastischen Schmuck der Terrassentreppe erhält fast alle Stimmen (nur eine fehlt) eine Arbeit, die von Schilling herrühren soll. Diese Arbeit begreift sowohl die beiden Gruppen, welche am Fuße der Treppe, als auch die einzelnen Figuren, welche am obern Ende derselben aufgestellt werden sollen. Der Name des Künstlers wird erst eingesehen, wenn die Bestätigung des Königs erfolgt ist ...

13) Dienstag ... Choulant bringt mir meine Zeichnung (Luther vor Kaiser Karl V.) mit dem architektonischen Hintergrund. Choulant hat seine Aufgabe ganz zu meiner Befriedigung gelöst, und ich bitte ihn nur, den Entwurf noch etwas genauer und deutlicher auszuzeichnen ...

15) Donnerstag ... Um 11 Uhr ist feierliche Preisvertheilung an die Schüler der Akademie. Professor Hettner eröffnet den Aktus mit einer schönen Rede, in welcher er, wie einst die Griechen die Akropolis das Athen in Athen, ebenso den Vatikan das Rom in Rom nennt, und auf Raphael, den größesten Künstler, hinweisend, über den Inhalt des Saals der Signoria als den Gipfelpunkt der Kunst näher sich ausläßt ... Nach Tisch bringt Gaber einen Abdruck des Schlußbildes zur Bibel, Nr. 240, Christus und die Braut, das neue heilige Jerusalem. Das Blatt macht mir Freude, die ich nicht bei allen Blättern der letzten Lieferungen empfinde. Vor allem bedaure ich, daß Obermann bei dem zuletzt von ihm gelieferten Blatt wegen seiner kranken Augen nicht gut gearbeitet hat (Ankunft Pauli in Rom) ...

17) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Schirmer hat das niedliche Bildchen von Slingeland, das wir im Vorrath gefunden und unter 109 verzeichnet haben, völlig in Stand gesetzt. Es wird der Galerie zur Zierde gereichen. Die singende Dame ist zwar nicht sehr schön, aber ebenso wie die Nebensachen, das Klavier etc., mit größter Feinheit ausgeführt. Dann sehen wir noch das in der Restauration begriffene Bild von Cranach Nr. 56, „Die Opferung Eliä und der Baalspfaffen“, das nackte Kind (Naturstudium) von Cranach in zwei ganz gleichen Exemplaren, Nr. 237 und 238, von denen wir das letztere für die Galerie behalten, endlich das Galeriebild Nr. 160 von Caravaggio [„Eine Wachtstube“, jetzt 411], das einer Auffrischung bedurfte und jetzt von Schirmer völlig wieder in Stand gesezt ist ... Nachmittag besucht mich Herr Legationsrath von Schober[2], um mir seine Gedanken über die passende Ausschmückung unseres Korridors mitzutheilen, nachdem er sich sowohl gegen das Hübnersche als auch gegen das Hähnelsche Projekt erklärt hat. Schober meint, man solle die Porträts der vorzüglichsten in der Galerie vertretenen Künstler aufstellen. Der Gedanke ist nicht uneben, und ich muntere ihn auf, denselben in einem öffentlichen Blatt auszusprechen[3] ... Frau Direktor Gruner theilt uns einen Brief von Frau Lepsius mit, in welchem diese von Bunsens voraussichtlich letzten bewußten Stunden berichtet ... Unter den Freunden, denen der Scheidende Liebesgrüße sendet, werde auch ich genannt ...


  1. „Napoleon“ von De la Roche.
  2. Der Freund Franz Schuberts und Schwinds, schon erwähnt am 9. Januar 1858.
  3. Schober that dies ohne Nennung seines Namens im Dresdner Journal.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/212&oldid=- (Version vom 12.9.2024)