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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/249

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XIII. Jahrgang          1904          Nr. 2.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang
3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Aus dem Testamente Elisas von der Recke.
Von Professor Dr. Paul Rachel.

Am 20. Mai werden es 150 Jahre, daß Elisa von der Recke als Tochter des Freiherrn und späteren Reichsgrafen Medem zu Schönberg in Kurland geboren worden ist. Auf ihrem Lebensgange, der ihr in den Jahren ihrer Ehe viele Enttäuschungen brachte, ist sie 1785, 31 Jahre alt, zum ersten Male nach Dresden gekommen. Auch in den darauffolgenden Jahren hat sie auf häufige Reisen ihre Schritte hierher gewendet und mit lieben Freunden manchen Sommertag[1], aber auch Wintermonate, in der künstlerisch anregenden, schön gelegenen Stadt verbracht. Seit 1801 lebte sie häufiger in Berlin im Anschluß an ihre Schwester, die Herzogin Dorothea von Kurland, der sie auch oft nach Schloß Löbichau folgte. Jm Jahre 1819 aber entschloß sie sich zu dauerndem Aufenthalte in Dresden. Sie erwarb das dem Geheimen Rath Freiherrn von Biedermann gehörige Haus am Kohlmarkt 11 (jetzt Körnerstraße 1) und richtete sich behaglich ein. Unter ihrem Schutze und ihrer Pflege sollte dem um zwei Jahre älteren Dichter Christoph August Tiedge, einem frühzeitig gebrechlichen, dabei nicht begüterten und zugleich äußerst unpraktischen Manne, eine sichere Heimstätte für sein Leben bereitet werden. Sie dankte ihm dadurch für die litterarischen und gesellschaftlichen Dienste, die er ihr als steter Begleiter seit 1804 geleistet hatte. Eine große Anzahl hochgebildeter Männer und Frauen schloß sich an beide an. Ihr Haus wurde bis zu ihrem Tode ein Mittelpunkt edler Geselligkeit. Ihre Gäste stammten aus adligen und bürgerlichen Kreisen. Der Beamte, der Gelehrte, von dem sie lernen konnte, waren ihr gleich willkommen. Obwohl sie vielfach kränkelte, hielt sie auf häufige Gastmähler, bei denen sie die Geladenen reichlich und vornehm bewirthete. Es würde für die Geschichte Dresdens anziehend genug sein, wenn ihr Aufenthalt in dieser Stadt aus ihren Briefen und aus Niederschriften anderer eingehend geschildert würde. Vielleicht ist in Woldemar von Biedermann, der 1903 gestorben ist, der letzte Dresdner dahingeschieden, der in ihrem Theezirkel, und zwar nach seiner eigenen Mittheilung an den Verfasser, als Kadett verkehrt hat.

Während ihrer letzten Lebensjahre hat sie, die kinderlose, viel und dringlich daran gedacht, wie sie über ihre Hinterlassenschaft verfügen solle. Sie unterschied dabei ihre Verwandten und ihre Freunde, vor allem ihre Dresdner freunde.

Von ihren Bestimmungen über das, was nach Kurland gehe, besitzt das Körner Museum eine große Anzahl beschriebener Blätter, die theils Abschriften, theils nur Entwürfe sind. Auf diese Anordnungen familiärer Natur ist hier nicht einzugehen. Nur ein Satz sei herausgehoben, aus dem hervorgeht, daß sie frühzeitig daran gedacht hat, einst für ihre Freunde liebevoll zu sorgen.

„Doch gab ich mir schon früh das Gesetz, mein Stammkapital von 52 000 Gulden nicht anzugreifen, weil ich immer den Vorsatz hatte, von meinem Eigenthume Vermächtnisse zu machen, um auch nach meinem Tode denen wohlzuthun, die um mich Verdienste gehabt haben und es bedürfen.“

In einem „Kodizill“ hat sie diese ihre Bestimmungen

niedergelegt. Die Verwandten oder die Testamentsvollstrecker


  1. Vgl. „Elisa von der Recke im Wonnemonat des Jahres 1790“ in Bd. I S. 105 flg.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/249&oldid=- (Version vom 16.10.2024)