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III. Jahrgang          1894          Nr. 2.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1 bis 2 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Ein Vierteljahrhundert unsers Vereinslebens.

Auch Vereine haben ihre Lebensalter und Schicksale, ihre Freuden und Leiden im Entstehen, Blühen und Vergehen. Der unsrige war als Knabe und Jüngling von schwächlicher Beschaffenheit, erst als er zu seinen Jahren kam, fing er an aufzublühen und jetzt steht er als kräftiger Mann da. Nach der Mitgliederzahl bemessen betrug seine Stärke im ersten Jahre 42, im fünften 91, im zwanzigsten immer noch nicht mehr als 87 heute dagegen über 300.

Unser Verein verdankt seine Entstehung einer Anregung des Bezirksschullehrers Karl Eduard Rieger (zu Dresden am 12. November 1836 geboren und am 9. März 1878 gestorben). Dieser erließ im „Dresdner Anzeiger“ vom 9. Mai 1869 eine öffentliche Aufforderung des Inhalts: „Wer einem zu begründenden Vereine für Geschichte Dresdens und seiner Umgegend beitreten will, wird gebeten, Adresse bei Herrn Kaufmann Böhme, Dippoldiswaldaer Platz, niederzulegen. E. Rieger, Lehrer.“

Noch an demselben Tage meldeten sich bei ihm der Advokat Gautsch, der Redakteur Springer, die Lehrer A. Hantzsch und P. Kunath, der Restaurateur Hagedorn und der Hoftheaterinspizient Handrick; auf eine zweite Aufforderung vom 15. Mai traten noch der Schriftsteller M. B. Lindau in Hainsberg und der Hofuhrmacher Weiße hinzu. Zu einer am 20. Mai abends im Garten des Gasthauses zum goldnen Ring am Postplatze veranstalteten Vorbesprechung erschienen fünf der genannten Herren, sowie der neugemeldete Juwelier Widemann. Man beschloß mit der Begründung eines Vereins vorzugehen, mehr Mitglieder zu werben und eine konstituirende Versammlung abzuhalten. Auf öffentliche Einladung fanden sich dazu am 10. Juni 1869 abends im ersten Obergeschoß von Deville's Café de l'Europe, Frauenstraße Nr. 1, 24 Herren ein. Diese traten unter dem Vorsitze des Bürgermeisters Neubert in die Berathung der vom Advokat Gautsch entworfenen Statuten ein und sprachen nach deren Annahme die Begründung des Vereins aus. Bei der hierauf vollzogenen Wahl des Vorstandes wurde Appellationsrath a. D. Pietsch zum Vorsitzenden, Bürgermeister Neubert zu dessen Stellvertreter, Redakteur Springer und Lehrer Hantzsch zu Schriftführern, Bibliothekssekretär Dr. Bösigk zum Bibliothekar und Buchhändler Ernst am Ende zum Kassenverwalter gewählt.

Der neue „Verein für die Geschichte und Topographie Dresdens und seiner Umgebung“ stellte sich laut Statut vom 10. Juni 1869 die Aufgabe, „alles auf die Geschichte und Topographie der Stadt Dresden und seiner nächsten Umgebung Bezügliche zu erforschen, aufzuzeichnen, durch Sammeln oder bildliche oder schriftliche Darstellung vor dem Untergange oder der Vergessenheit zu bewahren, durch Besprechung und Vorträge zu erläutern und davon nach Befinden das dazu Geeignete zu veröffentlichen.“ Der wichtigste Theil dieser Aufgabe war zunächst das Sammeln von Alterthümern und ihre Verewigung durch Bild und Wort, denn hier war Gefahr im Verzuge. Die Neugestaltung und Vergrößerung der Stadt ließ ein Denkmal der Vergangenheit nach dem andern verschwinden, der schwunghaft betriebene Kunst- und Antiquitätenhandel entführte eine Merkwürdigkeit nach der


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/128&oldid=- (Version vom 20.4.2024)