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andern aus der Stadt. Dem gegenüber waren die Kräfte des Königlich Sächsischen Alterthumsvereins, der die Kunstalterthümer im ganzen Lande unter seine Obhut zu nehmen hatte, allein unzureichend; aber er hat sich doch das Verdienst erworben, eine Anzahl geschichtlich bedeutsamer Dresdner Kunstwerke durch Aufnahme in sein Museum vor dem Untergange gerettet zu haben, zu einer Zeit, wo die Gemeindeverwaltung in Bezug auf die Pflege der Vergangenheit der Stadt noch alles versäumte.

Es war daher nur zu billigen, daß der junge Verein sich zunächst vorwiegend der Sammelthätigkeit widmete. Den eifrigen Bemühungen weniger Mitglieder gelang es, eine kleine ortsgeschichtliche Sammlung von Büchern, Bildern und Alterthümern zusammenzubringen, die man von Anfang an als den Grundstock zu einem künftigen städtischen Museum betrachtet wissen wollte. Es befanden sich darunter einige werthvolle Originalgemälde und manche interessante Erinnerungsgegenstände; aber da der Verein bei seinen geringen Mitteln fast nur auf Schenkungen angewiesen war und bei deren Annahme sehr weitherzig verfahren zu müssen glaubte, so floß neben manchem Guten gar vieles Minderwerthige zusammen. Die Sammlung des Vereins blieb in Bezug auf Abbildungen und Druckschriften immer noch hinter dem zurück, was ein einzelnes seiner Mitglieder, freilich eins der eifrigsten, der Hofuhrmacher Weiße, allein zusammenbrachte. Diese im Jahre 1879 von der Stadtgemeinde erworbene Privatsammlung ist daher für die Grundlegung zu dem jetzigen Stadtmuseum wichtiger gewesen als die Vereinssammlung.

Soweit sich die Bestrebungen des Vereins auf die Erforschung und Behandlung der Ortsgeschichte richteten, waren sie lange Zeit nur von geringem Erfolge, da es ihm an der ausreichenden Zahl von Fachleuten auf diesem Gebiete fehlte. Zwar versammelte er sich monatlich mehrmals zu Vorträgen und Besprechungen, aber die daraus hervorgehende Anregung blieb auf eine kleine Gemeinde von 10 bis 12 Personen beschränkt. Ein einziges Mal trat er mit einer öffentlichen Vortragsversammlung hervor; sie wurde am 26. Januar 1870 in der Waldschlößchen-Stadtrestauration abgehalten, mußte aber in ihrer Vereinzelung ohne Wirkung bleiben.

Die regelmäßigen Zusammenkünfte fanden bis Mitte Juli 1871 noch im Café de l'Europe und seit dem September 1871 in der Medinger Bierhalle, Sophienstraße Nr. 6, statt. Das Anwachsen der bisher in einem einzigen Schranke untergebrachten Sammlungen drängte aber zur Beschaffung eines eignen Vereinslokals. Da der Stadtrath, an den man sich deshalb wandte, ein solches nicht zur Verfügung stellen zu können erklärte, miethete der Verein vom 1. Oktober 1872 ab auf eigene Kosten die Vorderzimmer des ersten Obergeschosses in dem Hause „zur Glocke“ an der Frauenkirche Nr. 14. Von da ist er im Februar 1877 in das zweite Obergeschoß des Hauses kleine Brüdergasse Nr. 19 (Ecke der Schloßstraße) übergesiedelt. Diese Lokale gewährten dem Vereine nicht nur ein ungestörtes Heim, sondern boten ihm auch die Möglichkeit, bisweilen kleine Ausstellungen zu veranstalten, um seine Sammlungen weiteren Kreisen vorzuführen.

Aber mit der Ermiethung des Lokals in der „Glocke“ hatte sich der Verein, dessen Schultern einer solchen Belastung nicht gewachsen waren, eine schwere Sorge aufgebürdet. Glücklicherweise wurde seine Hoffnung auf finanzielle Unterstützung seiten der Stadtgemeinde nicht getäuscht: Rath und Stadtverordnete bewilligten 1873 einen Jahreszuschuß von 300 Mark, der dem Vereine bis auf den heutigen Tag fortgewährt worden ist.

Trotz dieser dankenswerthen Hilfe war jedoch das Miethlokal noch lange ein Hemmschuh für die sonstige Bethätigung des Vereins. Die fortdauernde Knappheit der Geldmittel ließ es nicht in dem erwünschten Umfange zur Herausgabe von Vereinsschriften kommen, von der man am ehesten eine Zunahme des öffentlichen Interesses an den Bestrebungen des Vereins und eine Verstärkung seines Mitgliederbestandes hätte erwarten können. Die geplante Veröffentlichung einer fortlaufenden Dresdner Tageschronik mußte, nachdem man die von M. B. Lindau bearbeitete Chronik des zweiten Halbjahrs 1869 als erstes Heft von „Mittheilungen“ 1872 hatte erscheinen lassen, schon wieder aufgegeben werden. Ein zweites Heft dieser Vereinszeitschrift kam 1875 heraus und damit ging sie auf längere Zeit ein; denn das 1880 erschienene dritte Heft war kein Unternehmen des Vereins, sondern des Verfassers. Erst 1883 wurde es möglich, die Vereinsveröffentlichungen wiederaufzunehmen. Dem damals erschienenen vierten Hefte der „Mittheilungen“ sind seitdem weitere 7 Hefte gefolgt. Für unsre Ortsgeschichte ist darin mancher gute Baustein enthalten, einzelnes davon wird auch für die allgemeinere Geschichte nicht ohne Werth sein. Ein im Jahre 1884 auf die beste Bearbeitung einer „Geschichte des Dresdner Innungswesens bis zum Ende des 17. Jahrhunderts“ ausgeschriebener Preis von 300 Mark ist noch nicht zur Vergebung gelangt, doch hat sich damals ein Bewerber gefunden und die Vollendung seiner umfänglichen Arbeit steht in kurzer Zeit zu erwarten. Weitere 500 Mark hat der Verein aufgewendet, um auf Grund der städtischen Geschoßregister ein handschriftliches Verzeichniß der Besitzer aller einzelnen Häuser der Altstadt in den letzten drei Jahrhunderten bearbeiten zu lassen; dieses im Rathsarchive aufbewahrte Verzeichniß hat sich bei Nachforschungen über Häusergeschichte bisher schon vielfach als äußerst nußbringend erwiesen.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/129&oldid=- (Version vom 20.4.2024)