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III. Jahrgang          1894          Nr. 3.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1 bis 2 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Theodor Körners Vorfahren.
Von Pastor F. Blanckmeister.

Nicht bloß für den Literarhistoriker, sondern mehr noch für den Freund der Kultur- und Lokalgeschichte ist es von einem gewissen Interesse, die Stammbäume berühmter Dichter und Denker zu erforschen, um die Heimath, den Grund und Boden kennen zu lernen, auf dem sie erwachsen sind.

Das Körner-Jubiläum von 1891 regte in dem Verfasser den Gedanken an, der Genealogie unseres berühmten Stadtkindes nachzuspüren, um so mehr als darüber nicht gerade viel bekannt war. Was sich in Akten und Kirchenbüchern fand, ist freilich wenig genug und reicht nur bis zur fünften Generation hinauf, es bietet aber doch zu dem Altbekannten einiges Neue und darf einer freundlichen Beachtung gewiß sein.

Die Geschlechter vieler unserer bedeutendsten Geister wurzeln in den untersten Schichten des Volkes, im Bauern- und Handwerkerstande. Luthers Ahnen sind „rechte Bauern“ gewesen, Melanchthons Vater war ein Waffenschmied, das Geschlecht Goethes geht gleichfalls auf einen Schmiedemeister in Artern zurück, Schillers Vorfahren waren ehrsame Bäcker, Kants Vater ein Sattler, Fichtes Vater ein armer Bandweber in Rammenau. Und so hat auch Theodor Körners ältester Ahnherr, von dem wir zu erzählen wissen, einen höchst prosaischen Beruf, den eines Bierschröters, innegehabt. Johann Körner, auch Hans Körner genannt, „wohlgelittener Bürger und Bierschröter“, auch als „Bierzieher“ bezeichnet, ist geboren im Jahre 1651 vielleicht in Leipzig, wo er in der Nikolaistraße wohnte und nach einer Notiz in den städtischen „Leichenbüchern“ 51 Jahre alt Dienstag den 10. Oktober 1702 verstarb. Seine Gattin war Barbara geb. Müncher; sie war drei Jahre älter als er, nämlich 1648 geboren, hat, wie es scheint, erst in späteren Jahren geheirathet und ihren Mann um 18 Jahre überlebt, indem sie erst am 16. Juli 1720 im Alter von 72 Jahren in ihrer Wohnung in der Nikolaistraße verstorben ist. Was nun die Kinder dieses Ehepaares betrifft, so werden zunächst „zwei Mägdlein“ genannt, die alle beide am 21. September 1696 begraben worden sind; vielleicht hat sie eine damals in Leipzig „grassirende“ Epidemie im zarten Alter dahingerafft, ihre Namen werden im Rathsleichenbuche nicht genannt. Zu diesen beiden „Mägdlein“ gesellen sich noch zwei Brüder, einer, von dem wir nicht einmal den Namen wissen, und ein jüngerer, der uns allein interessirt, da er der Stammhalter dieser Familie Körner – andere Familien desselben Namens finden sich häufig in den Leipziger Kirchenbüchern – geworden ist. Ueber ihn sind wir genauer unterrichtet. Geboren ist er nicht wie seine beiden Schwestern im Bereiche der Nikolai-, sondern der Thomaskirche, deren Kirchenbuch uns meldet, daß ein Söhnlein des Johann Körner, dessen Stand hier nicht angegeben ist, und der Barbara geb. Müncher am 12. März 1688 in der Thomaskirche getauft worden sei und die Namen Johann Christoph erhalten habe. Aus diesem Eintrage darf man wohl schließen, daß der Vater, Johann Körner, von dessen Stand und Beruf das Kirchenbuch nichts zu melden weiß, und der damals noch in der Thomasparochie wohnte, im Jahre 1688 noch nicht „Bürger und Bierschröter“ gewesen ist und erst späterhin nach der Nikolaistraße zog, wo er sein Geschäft eröffnete. Einen Blick in den Kreis seiner Bekannten eröffnet uns die

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/152&oldid=- (Version vom 20.4.2024)