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III. Jahrgang          1894          Nr. 4.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1 bis 2 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Das Prinzliche Grundstück an der
Zinzendorfstraße.
Mit Zugrundlegung eines handschriftlichen Aufsatzes
des † Oberhofmeisters A. von Minckwitz[1]
von Dr. Georg Beutel.

Im Beginn des 16. Jahrhunderts war der vorstädtische Anbau um Dresden noch sehr spärlich. Die Pirnaische Gasse, damals noch ganz außerhalb der Mauern, ging wenig über die Ausdehnung der heutigen Landhausstraße hinaus. Jm Jahre 1486 betrug die Zahl der auf der Pirnaischen Gasse angesessenen geschoßpflichtigen Grundstücksbesitzer 35. Am rechten Ufer der Kaitzbach längs der Bürgerwiese und des Jüdenteichs – damals nannte man’s „auf der Katzbach“ – gab es 5 bebaute Grundstücke. Die damalige Borngasse, zu der auch die heutige Carusstraße gehörte, hatte 13. Die Feldfluren erstreckten sich vom rechten Ufer der Kaitzbach bis an die Zäune der Grundstücke an der Borngasse und bis vor die Pirnaische Gasse. – Der größte Theil dieser südöstlichen Gefilde vor der Stadt befand sich zu jener Zeit auf Grund frommer Stiftungen im Besitz der Kirche, insonderheit des Kreuzkirchenaltars Omnium Sanctorum. Eine Urkunde vom 14. Juli 1501, die den Umfang des Gerichtsbezirks der Stadt Dresden abgrenzt, giebt das Gefilde des Altars Aller Heiligen als gegenüber der alten Katzbach liegend an. Die Ausdehnung des umfangreichen Grundbesitzes der Altarstiftung, sowie die Höhe der darauf ruhenden Zinsen und Gefälle ergiebt sich aus den Rechnungen und Registern des seit der Reformation mit der Verwaltung der früheren geistlichen Lehen betrauten städtischen Religionamts. Im Reformationsjahre 1539 wurden nämlich aus dem Besitz der erledigten geistlichen Lehen auch 35 Parzellen von dem Grund und Boden des Altars Omnium Sanctorum mit veräußert, die zur Anlage von Häusern und Gärten längs der Südseite der seit 1528 angelegten Neuen oder Langen Gasse – auch Neue Sorge genannt – dienten. Wir beobachten hier also, daß zur Förderung des vorstädtischen Anbaues ehemalige geistliche Grundstücke verkauft wurden; dasselbe läßt sich übrigens auch für andere Stadttheile urkundlich nachweisen. Jene 35 Parzellen, ursprünglich von gleichem Umfange, mit einer Frontlänge von insgesammt 880 Ellen, mußten, abgesehen von der Kaufsumme, jährliche Erbzinsen von je 4 Groschen an das Religionamt entrichten, die in den Rechnungen desselben mit der Gesammtsumme von 2 Schock 20 Groschen eingetragen sind.

Durch Verschmelzung mehrerer solcher Theilstücke entstand in der Ecke der Langen und der Pirnaischen Gasse ein größeres Grundstück, das später unter dem Namen „der Taube’sche Garten“ bekannt geworden ist. Die erste Anlage des Gartens mag bereits in der ersten Zeit nach der Veräußerung des Altarbesitzthums erfolgt sein: vielleicht durch den ersten Besitzer Nickel Preuß, Hofschneider des Kurfürsten Moritz. Ihm folgte im


  1. Diese Handschrift wurde von dem Sohne des verstorbenen Verfassers, dem Herrn Oberförster von Minckwitz, der Stadtbibliothek geschenkt. – Von archivalischem Material wurden außerdem benutzt: die Akten des Rathsarchivs C. XVIII. 2, C. XXX. 2150, F. VI. 140P, F. IX. 10, F. X. 24, F. X. 201k, G. VIII. 37I-0, G. XIII. 9, H. IV. 2 und die vorstädtischen Geschoßbücher; Akten des Hauptstaatsarchivs: Finanzarchiv Rep. XXII. Nr. 253. Loc. 37 295 und „Das Seydelische Fohrwergk etc.“ Loc. 9545; endlich verschiedene Kauf- und Kontraktbücher des Stadtgerichts Dresden (im Amtsgericht befindlich).
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/164&oldid=- (Version vom 30.4.2024)