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Besitz Joachim von der Heide: sein Grundstück umfaßte 5 solcher Theilstücke und hatte 20 Groschen Erbzins ans Religionamt abzuführen. Der nächste Besitzer, seit 1574 Jorge Rappolt, kurfürstlicher Kornschösser, vergrößerte den Garten durch Ankauf von zwei weiteren Parzellen. An der Hand des davon zu entrichtenden Erbzinses von 1 Gulden 7 Groschen als des siebenfachen Betrages einer Parzelle, der in den Rechnungen des Religionamts immer nur an dieser Stelle wiederkehrt, läßt sich die Geschichte des Gartens mit Zuverlässigkeit weiter verfolgen. Auch das Längenmaß der an der Langen Gasse sich hinziehenden Gartenseite vermittelt uns die Gewißheit der Identität: jede der genannten 35 Parzellen hatte bei dem Gesammtmaß von 880 Ellen eine Frontlänge von 251/7 Ellen, 7 also 176 Ellen – und das ist auch das Maß des späteren Taube’schen Gartens. – Seit 1581 ist Eigenthümer dieses Gartens der kurfürstliche Kammermeister Hans Harrer[1]. Derselbe besaß zuvor bereits in der Pirnaischen Gasse ein Haus, das zu dem Altar Aller Heiligen in keiner Beziehung stand: der darauf ruhende Erbzins war vielmehr ins städtische Zinsamt abzuführen. Fortan blieb dieses Haus mit dem Garten in einer Hand vereinigt: es mag wohl an der Stelle gestanden haben, wo noch in unseren Tagen das unter dem Namen „Zinzendorffs“ bekannte Gebäude sich befand. – Nach Harrers Tod behielten das Grundstück zunächst seine Erben bis 1623. Dann trat eine Zeitlang ziemlich rascher Besitzwechsel ein. Bis 1630 besaß es der aus einem Freiberger Patriziergeschlechte stammende Valentin Trainer, bis 1641 der Oberst Hans Rudolf von Bindauff. Seitdem trat das aus Livland stammende Geschlecht der Taube in den Besitz des Grundstücks ein. Im Beginn des 17. Jahrhunderts hatten sich mehrere Mitglieder dieses Geschlechts aus ihrer alten Heimat nach Sachsen gewendet, erwarben hier bedeutenden Grundbesitz und bekleideten am Hofe Johann Georgs I. angesehene Stellungen. Heinrich Taube zu Reichstädt, Nöthnitz, Berreuth, Püchau etc., geb. 1592, war Oberhofmarschall und Oberkämmerer Johann Georgs I. Von seinen beiden Töchtern vermählte sich die ältere, Marie Luitgard, mit ihrem Vetter, dem Obersten Claus Taube, Stadtkommandanten zu Dresden und Hauptmann der Aemter Chemnitz und Augustusburg. Der Oberst ist seit 1641 im Besitz des von da ab nach ihm benannten Grundstücks. Er schenkte den Garten seiner Gemahlin: die Steuerbefreiung, die diese dafür erlangte, ist am 12. Februar 1646 ausgefertigt. Nach dem 1654 erfolgten Tode ihres Gatten heirathete Marie Luitgard im Jahre 1656 Herrn Christof Vitzthum von Eckstädt zu Wölkau. Den Garten aber hatte vorher ihr Vater von ihr erkauft und seiner Gattin, einer geborenen Clara Schütz aus Orlamünde, zum Geschenk gemacht. Von ihr erbte den Garten die jüngere Tochter Dorothee Sibylle; diese war zweimal vermählt gewesen, mit dem Oberküchenmeister und Oberschenk Rudolf von Bünau und mit dem kurprinzlichen Oberkämmerer Sebastian Hildebrand von Metzsch. 1668 ging sie eine dritte Ehe ein mit den Landkammerrath Christian Albrecht von Kromsdorff. Von ihm her trägt das Grundstück nun auch die Bezeichnung „Kromsdorff’scher Garten“. Nachdem seine Gemahlin im Oktober 1681 gestorben war, veräußerte er den Garten 1682 an den Kurfürsten; er selbst starb als der Letzte seines Geschlechts im Oktober 1684.

Zu dem Garten, wie ihn die Taube und Kromsdorff besessen haben, gehörten auch Felder, die unter der Bezeichnung Tannenbergs, Nicol Palitzschens und Georg Hoffmanns Aecker erwähnt werden. – Ueber die Gebäude, die sicher schon in dem Grundstück standen, ist Näheres, als was wir aus späterer Zeit über solche erfahren, nicht bekannt. – Daß ein Bierschank darauf ausgeübt wurde, ist aus einem späteren Kaufvertrag ersichtlich.

Johann Georg III. erwarb zugleich mit dem Taube-Kromsdorff’schen Garten auch den benachbarten Rechenberg’schen. Der Kammerjunker Johann Georg von Rechenberg hatte auf dem Gebiet südlich vom Taube’schen Garten am 10. April 1639 von Clara Catharina von Schwalbach, geb. Schütz von Holzhausen, der Wittwe des Generalfeldzeugmeisters und Obersten Melchior von Schwalbach, für 1200 Thaler einen Garten mit Gebäuden gekauft, der vorher bis 1636 der Frau Elisabeth Hersan von Harras, geb. von Haugwitz gehörte. Rechenberg erweiterte in den Jahren 1651-1658 durch verschiedene Ankäufe von Gärten und Feldern diesen Garten sehr beträchtlich; insbesondere hätte er gern den anstoßenden Wildeck’schen Garten dazu gehabt; diesen hatte der kurfürstliche Buchführer Christian Wildeck 1607 für 2260 Gulden zusammengekauft und dann ein neues Gebäude für 900 Gulden darin errichtet. Der jetzige Besitzer, der Enkel des ersten, Christian Friedrich Wildeck, Kandidat der Rechte, wollte den ganzen Garten nicht abtreten, sondern verkaufte 1656 nur den zunächst an den Rechenberg’schen Garten stoßenden Theil für 600 Gulden. Johann Georg II. gab Anfang 1657 Befehl, Herrn von Rechenberg aus Anlaß dieser Kaufsache 3000 Thaler auszuzahlen. Der Garten erstreckte sich nach allen diesen Ankäufen bis nahe an die Kaitzbach heran und gewann die Gestalt eines länglichen Vierecks, weshalb er auch oft schlechthin als der „Lange Garten“ bezeichnet wurde. Es war ein ansehnliches Lusthaus


  1. Vergl. über ihn als Beamten und Großkaufmann den Aufsatz von G. Müller im Neuen Archiv f. Sächs. Gesch. XV, S. 63 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/165&oldid=- (Version vom 30.4.2024)