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sowie der hinter diesem folgenden Linien zu bestreiten, solange nicht die Antheile der einzelnen Glieder auf einen festgesetzten Mindestbetrag herabgesunken sind.

Mit der Einverleibung in die Sekundogenitur wird die bisher so wechselvolle Besitzgeschichte des Grundstücks in fest geregelte Bahnen gelenkt. Wir können uns daher darauf beschränken, im Weiteren nur noch kurz des Wechsels der Inhaber, sowie einiger wichtiger baulicher und räumlicher Veränderungen zu gedenken. – Seit dem 8. September 1781 war der Prinz Anton Inhaber der Sekundogenitur. Er behielt sie 46 Jahre lang, bis zu seiner Thronbesteigung 1827. Von ihm wurde der Teichpavillon, ein Rindenhäuschen, im nördlichen Theil des Gartens erbaut. Prinz Anton pflegte hier jeden Morgen einige Stunden rauchend zuzubringen, da die strenge Etikette das Rauchen im Palais selbst verbot. Ferner ließ der Prinz 1782 einen künstlichen Ruinenbau errichten. – Nach der Thronbesteigung Antons ging der Sekundogeniturbesitz an seinen nächsten Bruder, den Prinzen Max über. Nach dem Tod König Antons gab Prinz Max, der zur Thronfolge berechtigt gewesen war, aber schon 1830 zu Gunsten seines ältesten Sohnes, des nunmehrigen Königs Friedrich Augusts II., verzichtet hatte, den Besitz an seinen zweiten Sohn, den Prinzen Johann ab. Dieser ließ 1839 im Vorwerk an der Pirnaischen Gasse Bauten vornehmen, sowie 1844 und 1845 einen neuen Seitenflügel an dasselbe anbauen. Prinz Johann hatte die Sekundogenitur von 1837 bis 1854 inne und übergab sie nun, da er selbst König wurde, an seinen zweiten Sohn, den Prinzen Georg, der noch jetzt der Besitzer ist. Unter ihm gingen mit dem gesammten Grundstück zahlreiche und tief eingreifende Veränderungen vor sich. Zunächst wurde in den Jahren 1855-1857 nach dem Plane des Professors Nicolai im Mittelpalais ein Stockwerk aufgesetzt, und an Stelle des rechten Seitenflügels ein neuer Flügelanbau errichtet; dementsprechend wurde, um die Symmetrie der ganzen Anlage herzustellen, die Mansarde des linken Flügels durch ein ganzes Stockwerk ersetzt. Ferner erhielten die beiden Thorgebäude statt der Ziegeldächer niedrigere Schieferdächer. Weitere Flügelanbauten wurden in den Jahren 1867 und 1878/79 angefügt. Im Jahre 1887 wurde die südwestliche Gartenmauer an der Bürgerwiese und Langen Straße wegen ihrer Schadhaftigkeit neu aufgeführt. – Eine Vergrößerung des Grundstücks fand 1863 statt: der Prinz kaufte von der Wittwe des Dr. August Wilhelm Hedenus das Eckgrundstück an der Bürgerwiese und Langen Gasse dazu, das im 18. Jahrhundert der Klingner’sche Garten hieß. – Die einschneidendste Veränderung aber erfuhr das Grundstück in neuester Zeit, als es sich darum handelte, eine gerade Verbindung der inneren Stadt von der Moritzstraße aus mit dem Großen Garten herzustellen, d. h. also den Johannisplatz, der bisher von dem prinzlichen Grundstück versperrt war, durch dasselbe hindurch nach dem Großen Garten weiterzuführen. Diesem Unternehmen opferte im Jahre 1888 Prinz Georg den ganzen nördlichen Theil seines Gartens und verkaufte ihn an die Dresdner Baugesellschaft. Auf dem abgetretenen Gebiete laufen heute die Johann Georgen-Allee und die verlängerte Circusstraße, mit der Langen- jetzt Zinzendorfstraße und Pirnaischen Straße, mächtige Häuserviertel von stattlichem Aussehen umschließend. Damit fiel denn auch „Zinzendorffs“, an der Ecke der Pirnaischen und Langen Straße, das diesen Namen bis dahin gerade 200 Jahre getragen hatte. – Durch diese Abtretung wurden in dem prinzlichen Grundstück Verschiebungen und Neubauten nothwendig, die in den Jahren 1888 und 1889 ausgeführt wurden. Die prinzliche Hofgärtnerei, die in dem Vorwerke an der Pirnaischen Straße sich befand, wurde in die südöstliche Feldparzelle des prinzlichen Flurbesitzes an der Bürgerwiese und dem Environweg verlegt. Alle alten Gebäude zwischen Stallgebäude und der Stallhofeinfahrt mußten abgebrochen werden. An der Langen Straße ward anschließend ans Stallgebäude ein Verwaltungsgebäude und Beamtenwohnhaus erbaut. An der Johann Georgen-Allee, wo die Abtrennung erfolgt war, wurde eine neue Umfassungsmauer mit zwei Thorpavillons aufgeführt.

Wenn wir die wechselvolle Geschichte dieses Grundstückes im Geiste überschauen, so können wir drei Zeiträume unterscheiden. Im ersten, vor und nach der Vereinigung, waren es Lustgärten mit Vorwerken im Besitz reicher und hochstehender Herren, die, neben dem Zweck der landwirthschaftlichen Nutzung, vornehmlich ländliche Erholung und Zerstreuung dort suchten. Zu ihnen kann man selbst die bürgerlichen Besitzer Harrer und Trainer rechnen, den Handelsherrn und den Freiberger Patrizier, die ihren Wohnsitz innerhalb der Stadtmauern hatten. Und dazu gehört auch der Kurfürst, der diese Gebiete zu einem Ganzen vereinigte und die schimmernde Pracht des Hofes dahin versetzte. – Der zweite Zeitraum setzt mit dem Jahre 1703 ein. Bürgerliche Besitzer bewirthschafteten und bewohnten das Grundstück und suchten in seinen Erträgnissen tägliches Brod und Geschäftsgewinn. – Im dritten Zeitraume zogen wieder große Herren ein, Verwandte und Angehörige des Herrscherhauses, aber nicht mehr nur zum zeitweiligen Aufenthalt; die Zeit, wo die Vornehmen in den hohen Häusern der inneren Stadt wohnten, war vorüber; sondern zum ständigen Wohnsitz voll Pracht und Behagen richteten die jetzigen Besitzer mit vielem Aufwand das Grundstück her. Und zugleich kam es nunmehr in ein festes unauflösliches Besitzverhältniß, das es auf immer mit dem Hause Sachsen verbindet.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/174&oldid=- (Version vom 30.4.2024)