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IV. Jahrgang          1895          Nr. 2.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Oberbürgermeister Dr. Stübel †.

Einen schweren Verlust hat unsere Stadt und mit ihr unser Derein zu beklagen. Am 9. März 1895 nachmittags nach 2 Uhr ist das Haupt unseres Gemeinwesens, Oberbürgermeister Dr. jur. Paul Alfred Stübel, in seiner Wohnung Sidonienstraße 6 verschieden und am 12. März nachmittags 3 Uhr auf dem Annenfriedhofe an der Chemnitzer Straße zur letzten Ruhe bestattet worden.

Stübel war am 5. April 1827 in dem Hause zur „goldnen Kugel“ an der Frauenkirche geboren. Sein Vater, der damalige Advokat Dr. jur. Karl Julius Stübel, war 1830 als der letzte nach der mittelalterlichen Rathsordnung in den Stadtrath gewählt, dann Mitglied des Munizipalstadtgerichts, zuletzt Vorstand der Abtheilung für Vormundschafts- und Nachlaßsachen beim Königl. Bezirksgericht mit dem Titel eines Geheimen Justizraths, ein hochgeachteter und beliebter Mann, dem bei seinem Uebertritte in den Ruhestand 1874 das Ehrenbürgerrecht der Stadt verliehen wurde; er starb am 6. Januar 1891 im Alter von 89 Jahren.

Alfred Stübel erhielt seine Vorbildung von 1839 bis 1841 auf der Kreuzschule, von da bis 1846 auf der Meißner fürstenschule und studirte darauf an der Universität Leipzig die Rechte. Nachdem er 1849 die juristische Staatsprüfung abgelegt, arbeitete er in Leipzig und Dresden bei mehreren Anwälten, sowie im Justizamte Dresden und ließ sich 1855 hier als Advokat nieder. Im Jahre 1856 trat er in das Stadtverordnetenkollegium ein und gehörte diesem an, bis er 1866 zum besoldeten Stadtrath gewählt ward; 1875 rückte er zum dritten Bürgermeister auf und seit dem 28. April 1877 bekleidete er das Amt des Oberbürgermeisters. Als er am 9. August 1891 die 25jährige Jubelfeier seiner Rathsmitgliedschaft beging, ernannte ihn die Stadt zu ihrem Ehrenbürger. Seine letzte öffentliche Amtshandlung war die feierliche Einweisung der neugewählten Stadtverordneten am 3. Januar 1895.

Stübel hat fast nur in Dresden, aber auch ganz für Dresden gelebt. Seine Wirksamkeit ist für unsre Stadt bedeutungsvoller gewesen als die irgend eines seiner Amtsvorgänger. Dresden verdankte in älterer


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/192&oldid=- (Version vom 10.4.2024)