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war. Vielleicht fand der ungestüme Prolog zum „Julius von Tarent“ in diesem Vereine statt, vielleicht aber in der 1796 Theater spielenden Perrinischen Gartengesellschaft, wenn diese beiden Vereine nicht etwa als ein und derselbe sich ergeben sollten, was ich bisher nicht feststellen konnte.

Zu Ende des Jahrhunderts entstand noch ein Verein zur Aufführung von Opern, der sich Musikalische Akademie nannte. Ob er sich längere Zeit erhielt, weiß ich nicht, er gehört aber ebenso wenig in den Kreis unserer Unterhaltung, als ein in den zwanziger Jahren des jetzigen Jahrhunderts auftauchender Liebhaberbühnenverein. Wir sind also zu Ende mit dem Gegenstand des Vortrags. Wenn Sie die Frage aufwerfen, ob dieser Gegenstand des Aufwandes an Arbeit und der Geduld des Anhörens werth war, so wird die bejahende Antwort jedenfalls an sich gerechtfertigt sein; denn ein bestimmte Zwecke verfolgender Verein, der, ohne äußeren Zwang, über ein halbes Jahrhundert lang besteht und dann noch immer nicht auf einmal verschwindet, auch erst aufhört, als großartige öffentliche Einrichtungen das private Streben verüberflüssigten, mußte eine kulturhistorische Berechtigung gehabt haben, deren Kenntniß immer fruchtbringend sein wird. Dessen war man sich offenbar schon vor 110 Jahren bewußt; das geht hervor aus der nach achtjährigem Bestehen des Vereins unternommenen und – so lange ein geeignetes Organ dafür vorhanden war – alljährlich fortgesetzten Veröffentlichung der vom Societätstheater gespielten Stücke, nicht minder aus dem Abdruck von Zeitungskorrespondenzen darüber und endlich aus den künstlerischen Darbietungen zu Verherrlichung der Vereinsthätigkeit. Deren Eingreifen in das öffentliche Bühnenwesen bezeugt aber der Uebergang von Vereinsmitgliedern in weitere Wirkungskreise, sowie die Abfassung oder Bearbeitung von Bühnenstücken, die zuerst dem Societätstheater zugewandt und nachher in die Oeffentlichkeit gebracht wurden. Der Einfluß, den die Bühnenstücke, welche Handschrift geblieben sind, etwa auf die Bühnenliteratur geäußert haben möchten, entzieht sich zwar unserer Kenntniß, doch können wir nach den aus Prologen mitgetheilten Stücken wenigstens feststellen, daß Verständniß für frischen, kecken Wurf vorhanden war, und vermuthen, daß jene Bühnendichtungen in diesem Sinne weiter wirkten. Dem Dilettantismus innewohnende Schwächen werden selbstverständlich auch hier bemerkbar geblieben sein, jedoch muß allemal in der Geschichte der Kunst mit dem Dilettantismus als berechtigtem Faktor gerechnet werden. Die Menschen sind nun einmal nicht alle nach ein- und derselben Schablone gemacht, und wenn daher Einer, der sich besonders als Künstler oder Kunstkenner für gemacht hält, den Einspruch Andersdenkender sich dadurch vom Halse zu schaffen sucht, daß er sich anmaßt, sie für unzurechnungsfähigen „Pöbel“ zu erklären, so zeugt das von recht beschränkter Einsicht. Ein solcher Diktator übersieht, daß die Entwickelung des Menschenthums durchgängig auf Ausgleichen beruht und daß auch die Grundsätze, die im Sinne einer zwar hohen, aber nur ein Ziel im Auge haltenden Bildung ganz folgerichtig hingestellt wurden, leicht zu einer Monomanie führen und sich erst dadurch als wahrhaft menschenthümlich erproben, daß sie sich zu allgemeiner Anerkennung durchzukämpfen vermögen. Bei diesem Kampfe hat aber ein guter Theil der infolge Monomanie als Pöbel verurtheilten Dilettanten entscheidend mitzureden und kann nicht, wie ein Mathematiker es ausdrücken würde, vernachlässigt werden. Ebensowenig wie Idioten, sind Monomanen zur Herrschaft berufen.

Aber ich muß innehalten, sonst verliere ich mich von der Liebhaberbühne weg in andere Liebhabereien. Ich schließe daher und bitte nur noch um wohlwollenden Ausgleich dessen, was ich Ihnen geboten habe, mit dem, was Sie zu erwarten berechtigt waren.


Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.
II

1851.

September.
12) Freitag. Sitzung des akademischen Raths....Hübner, der verreist ist, bringt seinen Vorschlag, Schülerbilder aus dem Fonds ersparter Reisestipendiengelder anzukaufen, durch einen Brief an Krüger wieder in Anregung. Die Akademie soll also nicht nur Künstler bilden, sondern auch den gebildeten Künstlern ihre Erzeugnisse abkaufen oder, würde Hübner wenigstens sagen, die Akademie soll unter ihre Lehr-, Förderungs- und Bildungs-Mittel das Abkaufen gelungener, von den Schülern gefertigter Werke mit aufnehmen. Es ist doch wohl noch etwas anderes, ob man talentvolle Schüler durch Bestellungen in Stand setzt, in Hervorbringung von Werken sich zu erproben und auszubilden, oder ob man bereits ausgeführte Arbeiten kauft. Es ist etwas anderes, ob man bei Ausführung öffentlicher Arbeiten, welche durch das Bedürfniß gefordert sind, schwache Kräfte mit benutzt, oder ob man nur um der jungen Künstler willen Bilder kauft. In jenem Fall gilt es der Kunst, hier gilt es nur den Künstlern, und man kommt in die Gefahr, über Bedürfniß an Kunst hinaus die Akademien zu Anstalten der Künstlerzüchterei zu machen. – Hätte man nur noch reichliche Mittel, dann könnte man es darauf ankommen lassen, ob auf diesem Wege nicht ein tüchtiges Talent zur Ausbildung


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/207&oldid=- (Version vom 24.4.2024)