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hette, worlich Gevatter, sie hette mir ein altes bey bringen und ein alt Klepgen anhengen sollen. Denn wie ihr wol wisset, es ist mit Gabeln nicht gut schertzen, sie haben viel Spitzen, sie machen auch viel Löcher. Seid dem hero habe ich meiner Marsen die Herrschafft gelassen, und ist mein Unterstehen, das ich mich unterstanden im Hause Herr zu sein, zu eitelem Rauch worden, und wie der Schnee vergangen. Also wird auch, lieber Gevatter Merten, des Bapsts Unterstehen, Zeit und Gesetz zu endern, auch zu Wasser werden und wie der Rauch vergehen... Marsa, du weist umb ein gut michel Theil wol darumb?

Marsa.

Ich weis ja wol darumb. Warumb solt ich mir lassen meine Herrschafft nemen, die mir meine Eltern gegeben. Vater und Mutter liessen mich leben, wie ich nur selber wolte, in meines Vaters Hause hette ich meinen eigenen Willen, den woltet ihr mir nemen. Ich hatte sowol zwo Feuste als ihr, und an jeder fünff Finger, ich werte mich billich, und trotz einem, der mich noch meinen Willen nemen und mich bezwingen sol, nach dem Sprichwort: Jung gewant, alt gethan. Mein Man mus auch nicht eher Herr im Hause sein, ich sey dann nicht daheime, echtwa in Mußken oder für den Sechswochen oder sonst im Bade.“

Merten hat auch gehört, daß die Fürsten im Reich und das gantze Deutschland, desgleichen Dänemark, Schweden, Schottland, England und die Schweiz nicht darein willigen wollen. Auch Bayern wollte der Unordnung und Verwirrung willen den neuen Kalender abschaffen. Dazu sollen gelehrte „Sterngucker“ dem Papst selbst unter Augen erklärt haben, der neue Caldander sei nicht recht, und stimme mit dem Lauf der Gestirne nicht überein.

Pebel wiederholt, der Papst könne die Welt nicht unter seine Herrschaft bekommen, wie er, ebenso sein Nachbar, sein Weib nicht zwingen könne. Marsa hat genug getrunken. Sie will nach Haus; er muß ihr folgen. So trollen sie, voll vom Weine, nach Haus.

Bietet das Gespräch manche humorvolle und drastische Scene aus dem Bauernleben des 16. Jahrhunderts, so fällt doch der grobe, bisweilen sogar rohe Ton auf, der freilich den Volksschriften jener Zeit vielfach eigen ist. Daß die Flugschrift Beifall fand, sieht man daraus, daß sie wieder aufgelegt wurde. Diese 2. Auflage ist neuerdings von der Stadtbibliothek erworben worden. Sie besitzt auch die 1592, im Todesjahre des Dichters, erschienene Schrift:

Der Sechs und viertzigster Psalm, mit kurtzen Fragstücken, zu dieser betrübten Zeit sehr tröstlich und nützlich zu lesen. Zu Trost und Wolgefallen aller betrübten Christen allhier zu Dreßden. Ausgelegt durch Caspar Fügern den ältern, Weiland der alten Herzog Heinrichin, S. G. Hofprediger.

Die Schrift bildete ursprünglich den Anhang zu des Verfassers Buche: Heinrich, Herzog zu Sachsen, der erste Evangelische Fürst in Meißen, und zeigt des Verfassers trübe Stimmung am Ende seines Lebens. Gott hat die Welt mit Krieg, Hunger und Theuerung, dann wieder mit Pestilenz und Sterben geschlagen. Sie gleicht dem Schifflein, das auf dem wilden, wüsten, ungestüm tobenden Meere von Winden, Bülgen und Wellen hin und her getrieben wird. Dazu kommen die Streitigkeiten über die reine Lehre, die die arme Kirche Christi bestürmen. Die Auseinandersetzungen wegen Abschaffung des Exorcismus waren eben vorausgegangen. In dieser Zeit, da der Türkenkrieg von außen, der kirchliche Zwist im Lande wüthet, tröstet Füger seine lieben Dresdner mit dem 46. Psalm und schließt mit Luthers Umdichtung des Psalms: Ein feste Burg ist unser Gott.

(Vergl. G. Müller, Kaspar Füger, Hofprediger der Herzogin Katharina von Sachsen, in der Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben, herausgegeb. von Chr. E. Luthardt. Jahrgang 1886, S. 518–531. – K. Held, Das Kreuzkantorat zu Dresden. Leipzig 1894. S. 31.)


Dresdner Familienleben im Anfange des
19. Jahrhunderts.
(Nach Familienpapieren.)
Von Oberlehrer Dr. Paul Rachel.[WS 1]

Von einer Tochter eines meiner Urgroßväter ist ein sehr sorgfältig geführtes Tagebuch aus den Jahren 1808–1811, geheftet oder in losen Blättern, zum Theil erhalten. Es umfaßt auf etwa 204 eng beschriebenen Quartseiten folgende Zeitabschnitte: 6.Febr.–31.Dez.1808; 1.Jan.–16.April, 8.–14.Mai, 14.Sept. bis 8.Okt., 23.Okt.–31.Dez.1809; 1.Jan.–3.März, 30.März–19.Nov.1810; aus dem Jahre 1811 ist nur ein kurzes Schlußwort vorhanden, das nach dem Johannistage eingetragen worden ist.

Aus dieser Uebersicht erhellt, daß gerade aus den für Dresden wichtigen Kriegsmonaten des Jahres 1809, da braunschweigische und österreichische Truppen die Stadt in lebhafteste Unruhe versetzten, keine Aufzeichnungen vorliegen. Ob solche gar nicht gemacht worden oder gerade ihres besonderen Interesses wegen in die Hände anderer gewandert und so verloren gegangen sind, ist nicht zu entscheiden. Fast scheint das letztere der Fall zu sein, da in den Stücken nach dem Krieg nie von einer Unterbrechung der Niederschriften die Rede ist.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe auch sein Buch „Altdresdner Familienleben“
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/234&oldid=- (Version vom 26.4.2024)