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das am 26. Oktober[1] in der Taufe die Namen Gottlob Friedrich erhielt.

Dresden, der Geburtsort unseres Künstlers, zählte in jener Zeit etwa 45 000 Einwohner, und die Feuerordnung von 1775, die Untersagung des Gebrauchs von Schindel- und Strohdächern, die Verordnung, daß jeder, der Nachts nicht mit Laterne versehen war, aufgegriffen und verhaftet werden sollte, und vieles andere lassen nicht gerade auf glänzende Zustände des damaligen Elbflorenz schließen. Zudem kamen 1784 und 1799 große Ueberschwemmungen, 1804 stellte sich wieder eine Theuerung ein, die langen Friedensjahre wurden 1778 durch den Durchzug der Armee des Prinzen Heinrich unterbrochen und der bayrische Erbfolgekrieg brachte mit seinen Beunruhigungen eine kaum erwünschte Abwechselung.

Trotz alledem muß man zugestehen, daß gerade in jenen Tagen, wo unser Künstler noch ein zartes Kind war, ein letztes Aufflackern des Kunst- und Bauwesens stattfand. So ward die Sophienkirche erneuert, 1775 vollendete Krubsacius das Landhaus, der Brühlsche Wallgarten wurde wieder hergestellt und das Bibliotheksgebäude der Sitz der Kunstakademie. Auch das Japanische Palais ward verschönert, die Waisenhauskirche gebaut, das Schauspielhaus erweitert und unter großem Aufwand die Kreuzkirche vollendet.

Unser Thormeyer, von dessen Schulbildung wir nichts wissen, muß gegen Ende jener regen Bauperiode die Kunstakademie besucht haben.

Die Dresdner Akademie, deren Gründung schon unter Christian und dessen Gemahlin Maria Antonia ins Auge gefaßt und durch den Administrator Prinz Xaver nach den Vorschlägen des Legationsrathes Christian Ludwig von Hagedorn 1764 vollzogen wurde, war ein Kind ihrer Zeit. Wenn Hermann Hettner in seiner Litteraturgeschichte den ästhetischen Standpunkt von Hagedorns in der Festbannung des Begriffs eines völlig beziehungs- und inhaltlosen Formenideals, in dem Nichtahnen dessen findet, daß das Kunstwerk ein Kind des Gemüthslebens, ein Ausdruck des Zeitbewußtseins sein müsse, wenn er weiter feststellt, daß Hagedorn die Aufgabe der Kunst in der technischen Vollendung, in den Arbeiten der Kabinetsmalerei für die wenigen Kenner und Liebhaber erblickt, so charakterisirt er nicht nur den Standpunkt Hagedorns, sondern den einer ganzen Zeit, der Zeit der Hutin, Silvestre, Mengs, später Zingg und vieler anderer! Sich über die hergebrachten Begriffe seiner Tage zu erheben vermochte Hagedorn nie, darum sein Hauptzweck, durch die Kunst recht viel Geld ins Land zu ziehen, darum die große Anzahl nicht lehrender „aggregirter“ Mitglieder der Akademie, die zum Glanze der Anstalt beitragen sollten.

Thormeyer, der unter dem Direktorat Casanovas, eines Schülers Silvestres und Dittrichs, die Akademie betrat, kam mit den Größen jener Zeit nicht in Berührung. Ob ihn die Werke des italienischen Meisters, seine Cleopatra, sein Theseus und ähnliche Bilder begeistert haben, wissen wir nicht, jedenfalls ist anzunehmen, daß er, wie alle seine Zeitgenossen, ehrfurchtsvoll zu dem Schöpfer des berühmten Porträts Clemens’ XIII. emporblickte. Darum hielt er sich zunächst an Vorbilder Casanovas; freilich genoß er nicht die unmittelbare Belehrung dieses Meisters. Seine Lehrer waren vielmehr die Professoren Mietzsch und Fechhelm. Beide blieben bis an ihr Ende Unterlehrer an der Akademie. Mietzsch, 1742 zu Dresden geboren, war bekannt durch die vollkommene Aehnlichkeit seiner Oel- und Pastellbilder. Auch machte er sich durch seine in schwarzer und rother Kreide ausgeführten Zeichnungen einen Namen. Fechhelms Ruf war über Dresden hinausgedrungen. Malte er doch im Auftrag Maria Theresias während des siebenjährigen Krieges eine Reihe Bildnisse von Generalen für die Wiener Militärschule. Er war ein Schüler Mengs’, Maniockys und Hutins und ein guter Porträt- und Historienmaler. Fechhelm mußte in seiner Behausung in der Pirnaischen Vorstadt unterrichten, weil, wie es heißt, die Entfernung für die in jenen Stadttheil wohnenden Schüler zur Akademie zu groß sei![2] Darum ist wohl auch der Unterricht Thormeyers bei Fechhelm auf einen Wohnungswechsel zurückzuführen.

Trotz der Fähigkeiten seiner Lehrer scheint unserem Thormeyer der Unterricht nicht behagt zu haben, ja seine Abneigung ging soweit, daß er sich entschloß, der Malerei Valet zu sagen und zu einem anderen Zweige der Kunst überzugehen, zur Architektur. Zu diesem Zwecke besuchte er nun die Abtheilung für Baukunst, die unter der Leitung des Oberlandbaumeisters Professor Krubsacius stand. Sein Lehrer ward der Hofbaumeister Höltzer, der über Arithmetik bis zum Anfang der Algebra, über praktische Geometrie und die Anfänge der Hydraulik las. Handzeichnen lehrte Friedrich, ebenso Perspektive und Unterricht in der Säulenordnung, in den einzelnen Teilen der Gebäude, sowie Erfindung von Rissen. Auch die Fähigkeit im Tuschen verdankt Thormeyer Friedrich.

Die Dresdner Architekturschule erfreute sich schon seit 1777 eines guten Rufes, so daß (nach Wießner) ein Baumeister Ritter in Bern sich um Verleihung der Ehrenmitgliedschaft bewarb. Die Schule scheint sehr nöthig gewesen zu sein, schrieb doch Hagedorn am 31. Januar 1764, daß es in der Lausitz Niemand gebe,


  1. Kirchenbuch der Kreuzkirche vom Jahre 1775.
  2. Siehe Wießners Jubiläumsfestschrift der Akademie zu Dresden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/245&oldid=- (Version vom 6.5.2024)