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zugleich aber seinen Anschluß an diese Mächte für den Fall erklärt, daß Napoleon diese Vermittelung binnen gestellter Frist nicht annehmen würde. Dessen Lage war eine so gefahrvolle, daß es Unvernunft gewesen wäre, Oesterreichs Vorschlag von der Hand zu weisen, aber der Stolz des Mannes, der bisher nur zu gebieten gewöhnt war, war so groß, daß er sich nicht entschließen konnte, so glattweg darauf einzugehen. Er gab zunächst seine Zustimmung in so formloser Weise, daß die Annahme von Oesterreich verweigert wurde, und als er das Versäumte nachholte, war die Frist abgelaufen und Oesterreich hatte sich dann sofort den gegen Frankreich Krieg führenden Mächten angeschlossen. Unter diesen Umständen war es ganz richtig, daß Goethe bei Beginn der Verhandlungen voraussetzte, Napoleon werde nachgeben, also der Friede erhalten bleiben, und er war daher dem Weimarischen Regierungsrath Peucer gegenüber ganz berechtigt, wenn er ihm die Wette darauf bot; wenn also Peucer mit der gegentheiligen Behauptung die Wette gewann, war dies nur Folge unberechenbarer Zwischenfälle. Allein Goethe hatte nun einmal verloren und zahlte im nächsten Jahre den Wettpreis mit einem rheinischen Dukaten, dem er die Reime beifügte:

Nein frechere Wette verliert man nicht,
Als an der Elbe ich dazumalen!
Jetzt da man über’m Rheine ficht,
Will ich in Rheingold sie bezahlen.

Als der Wiederausbruch des Krieges entschieden war, kehrte Goethe nach Weimar zurück. Dresden, wo er in fünf verschiedenen Jahren sieben Mal Aufenthalt genommen hatte, sah ihn nicht wieder; nur brieflicher Verkehr unterhielt seine Verbindung mit Dresdnern, namentlich, wie schon erwähnt, mit Herrn von Quandt und mit dem Hofrath, nachherigen Geheimen Rath Dr. Carus. Mit diesem wurden naturwissenschaftliche, aber auch die Kunst betreffende Fragen behandelt.

Zum Schluß gedenke ich, daß gegenwärtig noch drei Männer in Dresden wohnen, die mit Goethe in persönliche Berührung gekommen sind: Der Wirkliche Geheime Rath Freiherr von Fritsch[1], der Wirkliche Geheime Rath von Strauß und Torney und der Generalmajor z. D. von Heygendorff, Goethe’s Pathe. Wenn aber auch die letzten persönlichen Zeugen einer großen Zeit des Deutschthums verstummt sein werden, so wird doch die deutsche Kultur ewiges unverdrängbares Zeugniß ablegen für Goethe.


Kurfürst Moritz und die Musik
von
Gymnasialoberlehrer Dr. Reinhard Rade.


Eine so bedeutende Persönlichkeit wie diejenige des Kurfürsten Moritz mußte auf die Künste einen nachhaltigen Einfluß ausüben. Die Musik insbesondere verdankt ihm viel und hat hinwieder durch ihre besten Vertreter ihm dafür den Dank erstattet.

Moritz selbst war freilich unmusikalisch. Er hielt zwar viel auf gutes Orgelspiel und versah den geschickten Organisten bei St. Thomä in Leipzig mit manchen Aufträgen. Der Amtmann zu Leipzig sollte ein Positiv aus der Pforta (Schulpforta) durch jenen Meister wieder einrichten lassen. (Befehl von 1542.) Aber Künstler war Moritz nicht. Gleichwohl muß er ein feines Verständniß für Musik gehabt haben und gutem Gesange insbesondere sehr gewogen gewesen sein; denn unter ihm ward bekanntlich die sächsische Kantorei ins Leben gerufen. Am 22. September 1548, am Tage des heiligen Mauricius, schrieb Moritz die denkwürdigen Worte: „Vonn Gottes Gnaden, Wir Moritz, Hertzogk zu Sachsen, des heil. Röm. Reichs Erzmarschall und Churfürst, bekennen und thun kundt hiermit öffentlich, daß wir künftigk an unserm Hofe eine Kantorei zu halten gedacht, und aber diejenigen, So wir dazu brauchen werden, wissen mögten, wie wir dieselben mit Besoldunge und anderem halten wolleten und wie sie sich hinwieder verhalten sollen, So haben wir solches alles in eine schrift stellen lassen und wollen ernstlich, daß solcher unserer Ordnunge an allen denjenigen, so sie angehet, unverwegerlich nachgesatzt werde.“ (Vgl. M. Fürstenau: Beiträge zur Geschichte der Sächs. Kapelle. 1849. S. 9, wo übrigens die Urkunden durch häßliche Lesefehler entstellt sind.)

Mit diesem Erlaß trat Dresden in eine Reihe mit Städten wie Rom, München, Prag, rückte Moritz in eine Linie mit seinem großen politischen Gegner Karl, der auch in seiner nächsten Umgebung der Kunst huldigte und eine auserlesene Schaar bester Sänger in steter Begleitung mit sich führte. Somit wurde Dresden zu einem Brennpunkte musikgeschichtlicher Entwickelung erhoben, dessen Strahlen bis in die neueste Zeit hin leuchten. Denn was für Leute standen auch gleich von Anbeginn an der Spitze des anfangs nur kleinen Häufleins von 20 Sängern. Einen Johann Walther, den edlen „componista musicae“ zu Torgau, Luthers viellieben Freund, berief der feine Blick des Fürsten zum ersten Sängermeister. Treulich wirkte er in langem Dienste, schenkte dem Sachsenlande, ja dem gebildeten Deutschland, das erste vierstimmige Gesangbüchlein (wovon zwei Stimmen im Stadtmuseum) und brachte die


  1. Inzwischen am 24. Oktober 1892 verstorben
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/47&oldid=- (Version vom 10.4.2024)