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Historische Ausflüge in Dresdens Umgebung.
von
Archivsekretär Dr. Woldemar Lippert.

I.
Die Zschoner Mühle.

In reichentwickeltem Maße ist dem Dresdner der Natursinn eigen, der ihn hinauslockt zu Ausflügen in die schöne Umgebung seiner Stadt. Von dem Wahlspruch: „Ueber Berg und Thal", den der Gebirgsverein für die Sächsisch-Böhmische Schweiz sich erkoren hat, bevorzugt freilich der echte Dresdner entschieden das Thal, und die vielen, so lauschig zwischen Wald und Wiese, Bach und Berg eingebetteten Mühlen gehören zu seinen Lieblingsorten. Wer kennte sie nicht, diese Thal- und Haidemühlen, die Zschoner Mühle, die Kepp- und Meixmühle, und wie sie alle heißen! Diese Vorliebe wollen wir uns zu nutze machen und ihm etwas von dem stattlichen Alter zweier solcher Orte erzählen. So mag der Natursinn dem historischen Sinne zu gute kommen!

Suchen wir zuerst den näher gelegenen Ort auf, die Zschoner Mühle. Benutzte man nicht das Dampfschiff bis Brießnitz oder Kemnitz, so war das früher schon ein leidlicher Ausflug. Heute ist’s freilich dem Besucher bequemer gemacht: er fährt mit der Berliner Eisenbahn nach Cotta oder Kemnitz, um erst dort seine Fußwanderung zu beginnen. In kurzer Frist ist dann das anmuthige Thal erreicht, das der Zschonebach durchrieselt und das deshalb der Zschonergrund oder im Volksmunde kurzweg selbst die „Zschone“ genannt wird, ein Wiesengrund, der auf der rechten Bachseite von einem dicht mit Bäumen und Buschwerk bewachsenen, ziemlich steil in den Bach abfallenden Berghang eingeschlossen ist. Auf der linken Seite bleibt neben dem Wasser ein schmaler Streifen für Wiesen und einige Feldstücke frei, die sich auch auf den sanft ansteigenden, abgeholzten Erdrücken hinaufziehen, der das Thal auf dieser Seite abgrenzt. Noch vor einigen Jahrzehnten war auch die linke Seite mehr bewachsen; allmählich sind diese Stellen fast alle dem gesteigerten Ausnützungsverlangen ihrer bäuerlichen Besitzer zum Opfer gefallen, so daß der Grund seit 20-30 Jahren manches von seinen landschaftlichen Reizen eingebüßt hat. Letztere Gepflogenheit der Landleute ist allerdings nichts neues, denn schon Kurfürst August hatte Anlaß sich darüber zu beklagen; aber während wir durch unsere modernen Begriffe von landschaftlicher Schönheit veranlaßt werden, die Abholzung zu bedauern, waren es beim Kurfürsten, einem der eifrigsten Jäger und Forstwirthe seiner Zeit, weidmännische Rücksichten, da durch das „Stauden und Räumen“ (Ausroden von Buschwerk und Gehölz) seine Wildbahn gemindert wurde. In einem Schreiben an den Rentmeister zu Dresden vom 26. November 1566 beschwert er sich hierüber und befiehlt Abstellung; in dem Schreiben aber geschieht unter Bezugnahme auf ein ihm eingereichtes Schriftstück auch der Zschoner Mühle Erwähnung, die, hiernach zu schließen, damals neu erbaut war und des Kurfürsten Mißfallen erregte, so daß er ihren Abbruch befahl. Gleichzeitig erließ er aber auch ein Schreiben an seinen Schösser zu Dresden, aus dem wir ersehen, daß er schon zuvor diesem Beamten den Befehl hatte zugehen lassen, die neuerbaute Mühle zu beseitigen. Er hält dem säumigen Schösser sehr nachdrücklich sein schlaffes und lässiges Verhalten gegenüber den Uebergriffen der Bauern vor, deren Anmaßung durch solche Nachsicht nur erhöht werde, während die berechtigten Klagen der kurfürstlichen Förster keine Berücksichtigung fänden. Diese Bemerkung läßt uns erkennen, auf wessen Anregung hin der Kurfürst einschritt. Der in dem Schriftstück erwähnte Memorialzettel war gewiß die Eingabe der Förster, worin jene Handlungen bäurischen „Muthwillens“ an höchster Stelle zur Anzeige gebracht wurden.

Welchen Verlauf die Angelegenheit weiter genommen hat, ist aus den betreffenden Akten nicht ersichtlich; wir entnehmen daraus jedoch die Thatsache, daß bereits im Jahre 1566 draußen in der Zschone eine Mühle stand. Daß es eine völlige Neugründung war, soll damit noch nicht gesagt werden, denn es ist nicht ausgeschlossen, daß es sich bloß um einen Neubau handelte, obwohl bei dem Unwillen des Kurfürsten die andere Annahme näher liegen dürfte. Der Grund des Verdrusses ist bei dem Fehlen jener Anzeigeschrift nicht bekannt; vermuthen läßt sich aber aus dem Inhalt der Erlasse, daß der Kurfürst auch von der neuen Ansiedlung, die so recht mitten hinein in das Waldthal gesetzt wurde, eine weitere Minderung der Jagdgründe befürchtete, da zur Mühle doch auch Felder und Wiesen gehören mußten.

Der Wortlaut der beiden kurfürstlichen Schreiben (Dresdner Hauptstaatsarchiv, Copial 321 fol. 157 b, 158 b) ist folgender:

Dem Rentmeister.
Lieber getreuer. Was an uns durch eine Memorial-Zettel undertheniglich gelangt wirdet, hast Du aus derselbigen inliegend zu ersehen. Nun ist uns die angezogene nawerpauete [WS 1] muhle in der Kospauder leitten und Zschon gelegen gar nicht leidelich; so tragen wie auch an unsers ambts Dresden underthanen furnemen, als das sie sich understehen, reinbeume abzuhauen und weitter, dan sie befugt, zw standen oder zw reumen, welchs unser wiltpan und den geholtzen schedlich, ein besonder ungnediges misfallen und befrembdet uns daneben, das inen unser Schosser uber der forstknechte erinnerung solchs also nachhenget, und begeren demnach, du wollest das einsehen haben, damit die muhle weggethan und

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nawerpanete - schlecht lesbar
  2. Empfohlene Zitierweise:
    Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/55&oldid=- (Version vom 21.4.2024)