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Kopien nahm, deren eine sich auf der Festung Königstein, die andere im 2. Geschoß der ehemaligen Stallgalerie (jetzt Gewehrgalerie) befindet. Diese Gödingsche Auffassung aber diente wieder als Unterlage bei Moritzens Abbildung in dem sogenannten Sächsischen Stammbuch auf der hiesigen Königlichen Bibliothek (Manuskr. R. 3).

Außerdem zweifle ich keinen Augenblick, daß auch das schöne große Bild im Freiberger Rathhaussaal auf Krell zurückgeht und sich an den erwähnten dritten Cranach anlehnt. Denn auch das Freiberger Bild stellt den Kurfürsten in ganzer Figur und im Panzer dar. Von den Bildern im Leipziger Rathhaussaale und im Hause des Vereins für Geschichte Leipzigs vermuthe ich dasselbe.

Schwieriger steht es aber mit dem schönsten Porträt des Kurfürsten im Synodalzimmer von St. Afra zu Meißen. Auch dies Bild ist zwar in der untern Ecke mit Lukas Cranach bezeichnet und soll aus dem Jahre 1547 stammen. Aber die Jahreszahl scheint korrigirt und die ganze Malweise schließt den Cranach völlig aus. Wustmann hat nun den „waghalsigen Gedanken“ ausgesprochen, kein anderer als Tizian habe den Kopf gearbeitet. Dieser malte 1548 in Augsburg, wo Karl V. damals Hof hielt, die Mehrzahl der fürstlichen Persönlichkeiten, darunter auch nachweislich den Herzog Moritz. Diese ganze Galerie soll 1608 in Madrid verbrannt sein. – Es muß aber ein zweites Bild Moritzens von Tizian an den Dresdner Hof gelangt sein. Denn 1575 schreibt Kurfürst August: „Wir haben unserm Hofmaler Heinrich Göding unsers Bruders Moritz Contrafaktur, so der berühmte Maler Tucian zu Venedig auf eine Brusttafel gemalt, zugeeignet.“ Und dies könnte das Meißner Bild sein. Wustmann hat dann auch noch auf Enea Vico gerathen; aber mir scheint im Anschluß an diese archivalische Notiz die Wahrscheinlichkeit für Tizian oder einen gleichzeitigen Italiener sehr groß.

Auch die Kleinkunst beschäftigte sich mit Moritzens Persönlichkeit. Wie die Kupferstichkunst jene Oelporträts benutzt hat, muß einer größeren Studie vorbehalten bleiben. Sehen wir zugleich heute von der Münzprägung ab und betrachten nur die Medaillen auf Moritz, so begegnen wir wieder Meisterwerken ersten Ranges. Ich denke hier gleich an die berühmte Dreifaltigkeitsmedaille (s. Abbildung in den Erörterungen auf dem Gebiete der Sächsischen Münz- und Medaillengeschichte von J. und A. Erbstein 1888) von 1544, die 1888 mit 2500 M. nach Chemnitz verkauft wurde, während das Exemplar im königlichen Münzkabinet noch für 86 Thaler erhältlich war, jene Medaille aus der Hand des geschickten Leipziger Goldschmieds Hans Reinhart d. ä., der, seit 1539 Bürger, nicht in der Innung geduldet wurde, weil er nicht regelrecht ausgebildet sei, und noch als alter Lehrling grade dieses sein schönstes Werk Moritz zu Ehren schuf. Er zeichnet sich ja durch die eigene Technik aus, einzelne erhabene Theile besonders aufzulöten, ein bis dahin nicht geübtes Verfahren. – Neben einem solchen Prachtstück müssen sich freilich die kleine dicke Medaille von 1547 mit Moritzens Kopf von unbekannter Hand und die beiden Medaillen von Tobias Wolf von 1574 (Exemplare im königlichen Münzkabinet) mit Moritzens jugendlichem Porträt verstecken. Die letzte Medaille für Moritz schlug 1853 zum 300. Gedenktag der Schlacht bei Sievershausen der manchem Dresdner noch bekannte Münzgraveur Reinhard Krüger, mein Großonkel.

Im Huldigungsreigen für Moritz durfte auch die edle Frau Musika nicht fehlen, für ihn, der ihr in der Gründung der Dresdner Kapelle 1548 die höchste Ehre hatte angedeihen lassen. Sie versagte sich nicht. Der dritte Kapellmeister, der berühmte Antonius Scandellus aus Brescia, komponirte 1553 die große Messe „super epitaphium Mauricii electoris“ zu 6 Stimmen.

Erst 1608 nimmt ein anderer Musiker Gelegenheit, Moritz im Liede zu ehren. Es geschah dies durch Thomas Mancinus mit einer Komposition „Die Schlacht für Sievershausen, zu Ehren dem Hrn.: Henrico Julio, Herzogen zu Braunschweig. . . nach art der Schlacht für Pavia mit 4 Stimmen musice componiret. Helmstedt, 1608.“ (Vergl. meinen Aufsatz in den Dresdner Geschichtsblättern 1892 S. 41.)

Bis in die neueste Zeit hat die Persönlichkeit Moritzens den Dichtern und Künstlern Stoff gegeben. Unser Theodor Körner hatte die Absicht, ein Drama „Kurfürst Moritz“ zu schreiben, was dann Rob. Prutz (1845) in geschickter Weise ausführte.

Der Walthersche Zug auf der Augustusstraße zeigt den Helden in günstiger Auffassung. An dem Prachtbau der neuen Universitätsbibliothek zu Leipzig erblicken wir neben König Albert eine schöne Statue Moritzens, nach dem Modell des Prof. Zur Strassen, die noch einmal wiederholt wurde für den Hofraum des neuen Gymnasiums zu Grimma. Und im kleinen Appellationssaal zu Meißen stellt ein Wandgemälde von A. Spieß den Herzog Moritz dar, wie er die Fürstenschule eröffnet, ein anderes von Prof. Marshall im großen Appellationssaal seinen Tod.

Wenn daher der Satz richtig ist, daß ein Mann wirklich groß wird nicht bloß in dem, was er wirkt, sondern in dem, was er anregt, so kann uns auch vom künstlerischen Standpunkt Moritz als der große Kurfürst der Sachsen erscheinen, wie ihn die frühere Zeit gern zu bezeichnen pflegte.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/70&oldid=- (Version vom 15.4.2024)