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Diese Schlacht wird nun den Dichtern ein willkommener Stoff zu schöner Bearbeitung. Nun erkannte man die Absichten Moritzens, nun sah man ein, daß in ihm eine der festesten Stützen der neuen Ideen dahingefallen sei. Der Schmerz war allgemein. Wir besitzen allein 5 größere Gedichte auf die Schlacht, darunter 3 von unbekannter Hand, zum Theil von norddeutschen Verfassern. Der eine singt:

Ach gott, wem soll ick klagen
De nod und grod gevahr
De sick hett togedragen
Im dree und föftigsten Jahr.

Van Ridern und Landsknechten
Im Lünebörger Land
Da seh man ridderlich fechten
Upm Peiner brok genannt.

Hertoch Moritz mit namen
Ein kurförst in dem rik
Vel Kriegsvolk bröcht he tosamen
Mit Philipps von Brunswick. –

Ein viertes, hochdeutsches Gedicht „die Schlacht für Sigfridshausen in rhitmos verfasset“, das mit 4 Stimmen musica componirt am Wolfenbüttler Hofe gesungen wurde, rührt von Vincentius Harden her, dem damaligen Pfarrer zu Sievershausen. Das fünfte ist die „Historia der unglückseligen Schlacht bei Sievershausen“ von Thomas Wintzer von Dresden, der das Gedicht erst lateinisch verfaßt, dann aber übersetzt hatte. Schließlich fand auch noch die Beisetzung in Freiberg einen Dichter in Bernhard Reutter. Wirklich ergreifend klingt aber das akrostichische Klagelied der durchlauchtsten Fürstin und Frauen Agnes, Herzogin zu Sachsen:

Ach gott, an einem morgen
Sah ich im Traum ein bahr
Groß Leid thet ich besorgen
Das ist mir worden wahr.
Nu bringt man her mein herren tot
In unsern besten Jahren
Es macht groß klag und not.

So bringt der Sieg viel trauren
Mir und mein lieben Kind
Ach was helfen große mauren
Weil wir verweiset sind
So sol nu gott mein vormund sein
Thu mich ihm ganz befehlen
In Gott trau ich allein.

Nicht minder schön empfunden scheint mir zuletzt auch noch das „Klaglied Teutschlands“:[1]

Mit Schwarz thu dich bekleiden
O teutsche Nation
Reu, klag und hab dein Leiden
Izt ist dein held davon
Deins Reiches schutz und Vater gut:
Moritz, der fürst von Sachsen,
der het einen starken Mut.

Oft kam er triumphirend
Mit Fahnen aus dem Krieg;
Da halfst du jubilieren
Denn dein Fried war sein Sieg.
Nu sieh umb’s Grab die Fahnen an!
Weil er im Krieg ist blieben
So trauert jedermann.

So steht uns dieser wunderbare Mensch durch die Macht der Poesie mit seinen Schicksalen, Schwächen und Tugenden lebhaft vor Augen: aber wirkliches Leben gewinnt er doch erst durch die bildende Kunst für uns. Schon die Gestalt giebt sie uns, die wir täglich an dem Moritzmonument, noch 1553 errichtet, betrachten können. Leider sind die Künstler nicht hinlänglich bekannt. – Aber noch mehr: Auch die Züge, den Gesichtsschnitt giebt uns die Malerei. Und da trifft es sich gar glücklich, daß ein so guter Porträtist wie Lukas Cranach d. j. ihn wenigstens dreimal trefflich gemalt hat. Wer kennt nicht das schöne Bild auf unserer Galerie (Nr. 1945), das ihn mit seiner Gemahlin Agnes darstellt! Der Kopf, von einer Mütze bedeckt, wird vom Vollbart umrahmt; der gepuffte Rock ist mit Spitzenkrause am Halse verbrämt und läßt ein geschlitztes Wams und die goldene Reichskette erkennen. Die Linke hält zwei Handschuhe. Bezeichnet ist das Bild mit Cranachs Schlange und der Jahreszahl 1559. Die Galerieurkunden geben leider nur an, daß es 1722 im Inventarverzeichniß zuerst auftaucht. (Darnach ein alter Stich und Bilder bei Langenn und Voigt.)

Sodann Cranachs zweites Porträt, nur Kopfstück. Ebenfalls in unserer Galerie (Nr. 1948), ist es ein Meisterstück lebendiger Auffassung, die noch gewinnt, wenn man den Kopf einmal in Photographie durchs Licht ansieht. Der Fürst mit bloßem Kopf, im pelzbesetzten Rock; der röthlichblonde Bart umgiebt die Wange, das ruhig-scharfe Auge leuchtet in blauem Glanz.

Zuletzt Cranachs drittes Porträt im Hauptsaale des historischen Museums. Hier trägt der Kurfürst die eiserne schwarze Rüstung, die Rechte hält den Kurfürstenstab, ein Bild, wohl darum von nicht geringem Interesse, weil es offenbar einem anderen Maler zur Grundlage gedient hat: ich meine Hans Krell, den Fürstenmaler in Leipzig. Denn 1559 gab der Kurfürst August Auftrag, ein Bild Moritzens in der schwarzen Rüstung, wie es bei Krell zu bekommen sei, zu kaufen und an Hans Wessel zu schicken, der dasselbe für die Darstellung des Moritz am Freiberger Grabdenkmal brauchte. Das geschah auch. Hans Krell muß übrigens den Kurfürsten später noch öfters gemalt haben; denn ihm hat schon Archivrath Dr. Distel das Porträt Moritzens im Dresdner Schlosse über dem braunen Marmorkamine auf dem Haupttreppenabsatz der 1. Etage zugewiesen (Zeitschr. für Museologie 1882 Nr. 12), von dem dann der damalige Hofmaler Heinrich Göding mehrfach


  1. Uebersetzt aus dem Lat. von M. H.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/69&oldid=- (Version vom 15.4.2024)