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rechte Niederlage erlitt, zeichnete sich der junge Herzog aus, und der Dichter dieses Liedes – es ist kein geringerer als der Nürnberger Schuhmacher Hans Sachs – singt von ihm:

Herzog Moritz, der theuer Fürst
Der wehrt sich als ein kühner Held,
Wurd’ von der Türken Meng gefällt;
Jedoch einer seiner Trabanten
Vom Adel (Reibisch) ist ihm beigestanden,
Hat auch darob sein’n Leib verlorn:
Doch wurd errett’t der wohlgeborn.

Nach dem glücklichen Erfolge bei Mühlberg tritt eine feindliche Haltung der Dichtkunst gegen Moritz ein, die aus seiner dem Uneingeweihten undurchsichtigen Politik hervorging, ja sie erreicht mit den Jahren 1550–1552 einen solchen Höhepunkt, daß sie fast in Haß übergeht. Zwei sarkastische Gedichte sind es hier besonders: „Bekenntnis herzog Moritzen seiner ehrlichen Thaten, auch der Dankbarkeit, die er seinen Vettern erzeigt hat“, und „Meister Herzog Moritzen beicht, reu und Bekenntniß“, die beide den glühendsten Zorn der Protestanten gegen ihn athmen. Niemand ahnte die Wendung, die sich eben jetzt im Stillen vorbereitete, noch das Moritz sich ganz vorzüglich deswegen mit der Belagerung Magdeburgs zu schaffen machte, um für sein Nichterscheinen auf dem Augsburger Reichstag einen Vorwand zu haben. Erst in dem Augenblicke, als sich Kurfürst Moritz an der Spitze seines Heeres über den Thüringer Wald in Marsch setzte, fiel der Schleier. Zu gleicher Zeit ließ der Kurfürst ein Lied verbreiten, das den Titel führte: „Herzog Moritzen des kurfürsten zu Sachsen lied, welches er gemacht hat, eh er aus seinem Land hinweg ist geritten.“ Schon um dieser Angabe des fürstlichen Verfassers willen fesselt es uns, und es liegt kein Zweifel vor, der ihm den Dichterlorbeer schmälerte, wenn auch nur der etwas jüngere Züricher und Göttinger Druck des Liedes diese Angabe macht. Es ist auf das Akrostichon „Moritz Herzog zu Sachsen, Kurfürst“ gedichtet und soll im Ton: „Es geht ein frischer Summer daher“ gesungen werden. Es beginnt:

Mein Herz, das hat kain Trauern nicht,
Der lieb Gott weiß, was mich anficht
Der frischt mir mein gemüte
Zu dem ich mein Vertrauen hab
Wirt mich fein wohl behüten.

Ob ich schon hab der Neider viel
So thu ich was got haben will
Bei sein’m Wort will ich bleiben
Darbei laß ich Land, leut, und Gut
Ob sie mich schon drumb neiden.

Zu allen zeiten war ich bereit
Gehorsam zu leisten der Oberkeit
Ach hett ich’s unterlassen
Und hett bedacht Anfang und End
Ich käme recht zumaßen.

Bürgermeister lieber Getreuer mein
Laßt euch mein bruder bevohlen sein
Erkennt ihn für euern herren.
Damit schaid ich, wann es ist zeit
Soll mich des Interims erwehren.

Schlag auf Schlag folgten nun die Frankfurter Belagerung, die Annahme des Passauer Vertrags. Nur Markgraf Albrecht von Brandenburg setzte die Einschließung noch fort und zog erst im August fluchend von dannen, wobei er von seinen Soldaten das Spottlied singen ließ:

O du armer Moritz
Was hast du gethan
Daß du den edlen Kunig (von Frankreich)
So schendlich hast verstan.
Darumb mustu leiden
Ewig Spott und Schand
Man wird dich zuletzt vertreiben
Von Leuten und von Land
Kistel, secker, feger.

Nach alle dem erkannte Kurfürst Moritz deutlich, daß er noch einmal zum Schwerte greifen müßte, wenn er sich selbst, den Protestanten und den ganzen Reiche die Früchte des Krieges von 1552 erhalten wollte. Auch König Ferdinand trieb an und gewährte Hilfe, um den Passauer Vertrag, der zum guten Theile sein Werk war, zu schützen. Diesen schloß sich dann Herzog Heinrich von Braunschweig an. Ihnen entgegen stand Markgraf Albrecht. Drei Büchsen und zwei Streitkolben am Sattel, auf dem Hut die Hahnenfeder, so sah man ihn vor seinen plündernden, brennenden, mordenden Schaaren vorausreiten. Erst zog er auf Würzburg, dann nach Norddeutschland zurück, wo sich das Kriegswetter zu einem Hauptschlag zusammenzog. Vor Petershagen empfing er des Kurfürsten Absage. Nordwestlich von Peine, bei dem Dorfe Sievershausen, traf der Markgraf Sonntag den 9. Juli Mittags 1 Uhr auf Moritzens Aufstellung. Rasch waren die Markgräflichen zum Angriff geordnet und durch eine geschickte Schwenkung aus dem Burgdorfer Holz dem Gegner von Norden her in die Flanke geführt, mit unaufhaltsamer Gewalt stürmten sie herein; drei Fähnlein meißnischer Reiter wichen im ersten Anprall, eine plötzliche Niederlage drohte. Rasch stürzte sich der Kurfürst selbst und alle anderen Fürsten mit ihm ins dickste Gewühl, um das Gefecht wieder zum Stehen zu bringen. In furchtbarem Schlachtgetümmel waren beide Heere untereinander gewirrt. Da sank schwer verwundet der Kurfürst, von der unseligen Kugel in die linke Seite getroffen mit ihm Wilhelm von Schacht. Die Sachsen und Hessen wankten. Da erhob sich der alte Herzog Heinrich und entschied nach vierstündigem Gemetzel den blutigen Tag, der günstig für Moritzens Sache endete. Aber ihn ereilte am 11. Juli der Tod!

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/68&oldid=- (Version vom 15.4.2024)