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II. Jahrgang          1893          Nr. 2.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern von 1 bis 2 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.



Die ältesten Innungsordnungen
der Dresdner Schuhmacher und Schneider.

Die Entstehungszeit der ersten Innungen in Dresden ist in Dunkel gehüllt. Für Hasches Angabe (Geschichte Dresdens Th. 1, S. 406), die Innungen der Tuch- und Schuhmacher seien in Jahre 1401 durch Markgraf Wilhelm I. bestätigt worden, läßt sich ein urkundlicher Nachweis nicht erbringen, sie ist aber keineswegs unglaubhaft. Denn bereits im Geschoßregister von 1407 werden die Tuchmacher, Schuster, Bäcker, Kürschner, Schneider und Schmiede als diejenigen Handwerke aufgezählt, die bei Kriegszügen Mannschaften zu stellen haben, und man darf als gewiß annehmen, daß diese Zuweisung bestimmter Kriegsleistungen an die Handwerke nicht vor ihrem zunftmäßigen Zusammenschluß erfolgt ist.

Von den Schuhmachern war bisher keine ältere Innungsordnung als die vom 9. März 1551 bekannt (in den Rathsakten C. XXIV. 274b Bl. 73 flg.). In dem neu aufgefundenen Dresdner Stadtbuche vom Jahre 1404 (im königl. Hauptstaatsarchiv) ist nun auf Bl. 54 eine Schuhmacher-Innungsordnung enthalten, die man unbedenklich als die älteste, wohl aus der Entstehungszeit der Innung herrührende wird betrachten dürfen. Sie ist von der Hand des Stadtschreibers Nicolaus Thirman eingetragen, also in den Jahren 1413 bis 1424. Ihr Inhalt ist ein ziemlich knapper und erstreckt sich nur auf folgende Gegenstände: Innungsversammlungen („Morgensprachen“), Bedingungen der Gewinnung des Meisterrechts, Strafen für Ungehorsam gegen die Obermeister und für Führung schlechter Waare. Es finden jährlich drei Morgensprachen statt; dabei lesen jedesmal die Franziskanermönche, die die Schuster- und Schneidergesellen in ihre geistliche Bruderschaft aufgenommen haben, im Kloster eine Messe, wofür jeder Meister 2 Heller spendet. Wer das Meisterrecht erwerben will, muß durch Zeugniß seine eheliche und ehrliche Geburt nachweisen und einen halben Stein Wachs nebst 10 Groschen (nach der Ordnung von 1551 bereits 12  Gulden!) erlegen; von dieser Einnahme unterhält das Handwerk 12 Kerzen auf gewissen Altären und die Kriegsausrüstung, den „Harnisch“. Meisterssöhne und solche, die eine Meisters–Tochter oder -Wittwe heirathen, sind von dieser Abgabe befreit. Auf Ungehorsam gegen die Anordnungen der „Viermeister“ oder des Handwerks steht je nach der Schwere des Vergehens 1/2 bis 2 Pfund Wachs Strafe. Zwei Meister sind mit der Besichtigung des Leders auf dem Markte beauftragt: untüchtiges Leder wird mit 1 Groschen, untüchtige Schuhe mit der Hälfte, 6 Hellern, gebüßt.

Der Wortlaut dieser Ordnung ist folgender:

Dy schuster sullen ere innunge und er recht alzo halden.

Sy sullen haben dry morgensprochen des jaris. Czu iczlicher morgensproche geben sy den monchen iczlicher 2 hll. Jtem wer da wil meisterrecht gewynnen, der sal eynen halben steyn wachs und 10 gr., der selbe sal sich vertigen mit briefen, das her elrch (!) geborn ist; mit dem selben wachse and 10 gr. sullen sy 12 kerczen und eren harnusch halden. Item wen eyn meister gestirbit, kommit eyn geselle, der sich mit der vrouwen sullich generen wil yn der ehe, der sal des halben steyn wachs und 10 gr. obirhaben syn. Das selbe recht sal haben eynis meisters son und tochter. Item welcher kumpan gebricht keyn den vir meistern ader keyn dem hantwerke, den sullen sie busen umbe eyn 1/2 phunt wachs ader umbe 1 phunt ader 2, dornoch syne bruche syn. Item sy sullen seczen czwene, die das leder schauwen uf dem marckte. By welchem man wandelbar leder vindet, den sullen sie busen umbe 1 gr. Item vinden sie wandilbar schu, den busen sie vor 6 hll.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/75&oldid=- (Version vom 19.4.2024)