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An der gleichen Stelle findet sich auch eine Innungsordnung der Schneider aus derselben Zeit. Noch kürzer gehalten als die Schusterordnung, bestimmt sie nur das Meistergeld (auf 20 Groschen), die Aufnahmegebühr für Lehrjungen (auf 2 Pfund Wachs) und die Strafe für Ungehorsam (auf 2 Pfund Wachs) oder Versäumniß der Versammlung (auf 1 Groschen). Außerdem wird das Recht der Bannmeile festgestellt. Sie lautet:


Der snyder innunge.
Sy sullen nemen 20 gr. von eyme, der da hat meisterrecht gewunnen, item von eyme lerjungen 2 phunt wachs, von eyme der nicht gehorsam ist dem hantwerke, 2 phunt wachs, von eyme der nicht gehorsam ist dem hantwerke, wen sie zcusamene gehen von der herren ader burger wegen, wer das vorsumit, 1 gr. Ouch sal keyn snider erbeiten by eyner myle wegis den snidern zcu schaden.

Eine weitere Innungsordnung der Schneider, die ebenfalls bisher nicht bekannt war, enthält das Stadtbuch von 1454 (im Hauptstaatsarchiv) auf Bl. 139b. Sie datirt vom 9. September 1462 und lautet wie folgt:

Innunge der snyder geczeichint am donrestage nach nativitatis Marie virginis gloriose anno domini etc. LXII0.
Item welch from man adder geselle uff dem snyderhantwergke meister wil werden, der sal redeliche brieve unde kuntschaft brengin, das er von vater und mutter fromen eelichin gebornnen eldern eelich geborn und unvortadelter ard sii, so das syne eldern und her sich yn allen sachin an yren eren unvorruckt gehalden haben und er sal habin eyn eelich weib adder das ym eyne zcur ee gelobit sii, und er sal syn hantwerg bewiesen mit zcusnyden, mit der nolden und mit der nahet. Er sal ouch von unnsers gnedigen hern, der stat und des handwergks wegen dem hantwergke yn allen zcymlichin unde geborlichin sachen unnsirn gnedigen hern, dii stat und das hantwerg anlangende gehorsam zcu sin geloben und sin burgerrecht gewynnen unde eyn halb schog groschen zcu meisterrechte gebin.
Item welch meister von dem hantwercke zcu czechemeister wird gekoren, strebit der dorwidder und wil das nicht sin, doruber sal der rath dirkentniß und stroffung thun und haben.
Item yn den weigfasten sal man nuwe meistere uffnemen und anders nicht.
Item yn yrem gemeynem biere und yn allen andern sampnungen, wenne siie bii einander sin, do sal sich eyn iczlichir bescheidenlich, czuchticlich unde vornunfticlichin halden bii gehorsam des hantwergks.
Item wenne das hantwergk schucczen yn dii herffart adder schildwache yn der stat bestellen sal, welchin die zcechemeister, die das jare das hantwergk vorwesen, das heißen, er sie gesworn adder nicht, der sal daz thun bii gehorsam des hantwergks, adder eynen andern, der dorzen tuchtig ist, vor sich schicken.
Item wenne under en eyn meister eynen leerjungen uffnympt, so sal en der meister vorbinden, das er gelobe, wenne er das hantwergk gelernet, das er sie mit syner erbeyt bynnen eyner myle wegis nicht bedrangen noch uber sie erbeyten welle bie vier pfunden wachß, als offte er das tete.

Wenn die hiesige Schneiderinnung, gestützt auf die den Schneidern zu Altendresden (Neustadt) am 22. Dezember 1481 verliehene Ordnung, im Jahre 1881 die Jubelfeier ihres 400 jährigen Bestehens begangen hat, so hat sie sich um 60 bis 80 Jahre zu jung eingeschätzt.

Dr. O. Richter. 


Die Dresdner Kirchenbücher.

Erst neuerdings hat sich die historische Forschung den Kirchenbüchern zugewendet. Ueber die Kirchenbücher der Niederlausitz und Pommerns sind Erhebungen angestellt worden, der Gesammtverein der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine hat zur Kenntniß der Kirchenbücher Deutschlands überhaupt werthvolles Material gesammelt. Das Dunkel, das noch über dem gesammten weiten Gebiete liegt, kann indessen nur dadurch gelichtet werden, daß jede Provinz und jede Stadt zur Kenntniß der Sache beiträgt. Und so soll in nachfolgenden Zeilen über die Kirchenbücher Dresdens Bericht erstattet werden.

Kirchenbücher sind im großen Ganzen eine Frucht der Reformation. Wohl hatte die altchristliche Kirche in ihren Diptychen etwas Aehnliches, wohl finden sich in Italien vereinzelte Spuren von Kirchenbüchern am Ende des 15. Jahrhunderts; aber allgemein eingerichtet und behördlicherseits angeordnet wurde die Führung von Kirchenbüchern erst in der Zeit der Neugestaltung der kirchlichen Verhältnisse, wie sie sich an die Namen Zwingli und Luther knüpft. Wir nennen Zwingli zuerst, weil, wie es scheint, die reformirte Schweiz in Sachen der Kirchenbücher den Anfang gemacht hat und die Länder lutherischen Bekenntnisses gefolgt sind. Das erste Kirchenbuch deutscher Zunge, das wir kennen, ist das von Zürich aus dem Jahre 1525. Von hier aus haben sich die Kirchenbücher in rascher Folge über Süddeutschland nach Norddeutschland verbreitet. Von 1533 an beginnen die evangelischen Kirchenordnungen den Pfarrern das Halten von Kirchenbüchern einzuschärfen. Am 11. November 1563 beschließt auch das Tridentiner Konzil, den katholischen Priestern die Führung von Trau- und Taufregistern zur Pflicht zu machen.

Die Geschichte der sächsischen Kirchenbücher läßt sich sehr genau verfolgen. In Sachsen begann man mit Anlegung von Kirchenbüchern sehr früh, vielleicht um 1530. Anlaß dazu war nicht obrigkeitliche Anordnung, sondern freie Neigung der Geistlichen, deren Ordnungssinn sehr bald das Beispiel anderer Kirchengebiete nachahmte. Das älteste erhaltene sächsische Kirchenbuch ist, soweit unsere Kenntniß reicht, das Traubuch von St. Nikolai zu Leipzig, welches mit 1541 beginnt. Aus der Zeit bis zur ersten behördlichen Bestimmung über die Kirchenbücher in Sachsen sind etwa 30 Kirchenbücher

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/76&oldid=- (Version vom 10.4.2024)