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erhalten und meist in gutem Zustande. Die erste Erwähnung der Kirchenbücher in den sächsischen Gesetzen findet sich in den Generalartikeln Kurfürst Augusts vom 8. Mai 1557, wo den Pfarrern die Anlegung von Tauf- und Trauregistern zur Pflicht gemacht wird, eine Anordnung, die im ganzen Lande gute Wirkung that. Genauere Bestimmungen enthält die Kirchen- und Schulordnung desselben Herrschers vom 1. Januar 1580, wo auch das Leichenregister ausführlich erwähnt wird und über Führung, Fortsetzung und Aufbewahrung der Bücher Vorschriften gegeben werden; die Visitatoren sollten auf Pünktlichkeit in der Kirchenbuchführung bei Pfarrern und Küstern ihr Augenmerk richten. Der dreißigjährige wie der siebenjährige Krieg vernichtete manches Kirchenbuch. Doch widmete sich der sächsische Pfarrer des 17. und 18. Jahrhunderts mit Eifer seiner Kirchenbuchsarbeit. Eine wichtige Epoche in der Geschichte der sächsischen Kirchenbücher bezeichnet das Jahr 1799. Da erschien aus Anlaß einer Vorstellung des Landtages ein neues Regulativ über die Kirchenbücher, dessen wichtigste Punkte die Anordnung der Gleichmäßigkeit der Einträge und der Anlegung eines Duplikats sind. Seit 1800 erhalten nun die sächsischen Kirchenbücher eine neue Gestalt, die Einträge sind rubricirt, am Schlusse eines jeden Bandes findet sich ein Register, die Duplikate werden am Jahresschlusse dem Superintendenten übersandt. Die im Jahre 1800 begonnene Praxis herrscht im Ganzen noch heute, nachdem inzwischen die Kirchenbücher durch Einführung der Civilstandsgesetzgebung von 1875 ihren staatlich-bürgerlichen Werth verloren haben.

Was nun die Kirchenbücher Dresdens betrifft, so müssen wir uns hauptsächlich an das halten, was an Kirchenbüchern noch erhalten ist, und unterziehen die einzelnen Kirchspiele – natürlich nur die älteren – einer Musterung.

Allen voran steht die Kreuzkirche, die Hauptpfarrkirche der Stadt. Aus dem Inventarverzeichniß der Sakristei von 1737, wie es sich im Rathsarchiv befindet, wissen wir, daß in genanntem Jahre die Tauf- und Leichenbücher von 1550 an mit unbedeutenden Lücken vorhanden waren. Derselben Quelle verdanken wir die Notiz, daß die Traubücher bis 1579 zurückreichten. Angelegt sind die Kirchenbücher der Kreuzkirche also von dem zweiten Superintendenten Dresdens, Greser, und zwar 7 Jahre eher, als – vielleicht auf seinen Betrieb – in Sachsen die erste kirchenregimentliche Verordnung über Kirchenbücher erfolgt ist. Daß die Traubücher gleichfalls 1550, wenn nicht noch früher, angelegt worden sind, ist für den unfraglich, der die Thatsache kennt, daß fast überall, wo Kirchenbücher eingerichtet werden, auf Trauregister das Hauptgewicht gelegt wird. Und wie sollte Greser es geduldet haben, daß 29 Jahre lang die Getrauten nicht gebucht würden? – Sämmtliche älteren Kirchenbücher der Kreuzkirche bis 1760 wurden bekanntlich bei dem Brand derselben in genanntem Jahre von den Flammen mit vernichtet – ein schwerer Verlust. Was bei der Kreuzkirche an Kirchenbüchern jetzt noch vorhanden ist, reicht nur bis 1760 zurück. Höchstens aus alten Neujahrszetteln, wie sie im Rathsarchiv und in einem Schranke der Frauenkirche liegen, lassen sich die Ziffern der Taufen, Trauungen und Beerdigungen der Kreuzparochie vor 1760 nachweisen. Daß das Studium der erhaltenen Kirchenbücher gerade dieser Parochie für den Freund der Dresdner Ortsgeschichte von hohem Reiz ist, leuchtet ein.

Der Hauptpfarrkirche der Altstadt reihen wir die der Neustadt an. Es läßt sich nicht sagen, wann Pfarrer oder Kirchner zum ersten Eintrag die Feder angesetzt hat. Erhalten ist das Taufbuch von 1560 an bis jetzt, nur fehlen die Jahrgänge 1572 bis 1577; sie sind verloren oder in Kriegs- oder Brandzeiten vernichtet worden. Haben wir vielleicht in dem Taufbuch von 1560 das älteste Neustädter Kirchenbuch vor uns, so dürfte das Traubuch von 1580, das älteste noch vorhandene seiner Art, doch nicht das älteste vorhanden gewesene sein. Auch hier nehmen wir an: Taufbuch und Traubuch sind etwa gleichzeitig begonnen worden. Letzteres überdies ist bis heute ohne Lücke, beide sind von Anfang an mit Generalregistern versehen. Das Todtenbuch beginnt 1570 und ist bis 1699 ohne Register, von 1700 an mit Registern ausgestattet. Bis 1700 sind die Kirchenbuchsnotizen unserer heutigen Anschauung nach kurz und dürftig, von 1700 an werden sie besser. In den Todtenbüchern von 1760 und 1812 bis 1813 sind zahlreiche gefallene Soldaten eingetragen, ein Beweis, daß auch aus den Kirchenbüchern der Dreikönigskirche für die Geschichte Dresdens manches Werthvolle zu entnehmen ist.

Die Annenkirche, 1578 geweiht, weist seit 1604, wo sie Parochialrechte erhielt, Taufbücher, seit 1605 Traubücher und seit 1626 Todtenbücher auf. Aeltere Kirchenbücher der Annenkirche haben niemals existirt. Auf dem Titel des ältesten Buches steht: „Im Namen der h. Dreifaltigkeit angefangen zu taufen.“ Wie aus dem ersten Taufeintrag hervorgeht, verdankt das Taufbuch seinen Anfang den Stiftern des Taufsteines Cälestin Kühlich und Frau. Der erste Traueintrag lautet, um eine Probe zu geben: „Den 14. Jan. 1605 Ulricus Peter, ein Kutscher, mit J. Annen Pflugin auf der Entenpfütze“. Die Einträge der Taufen sind bereits in Rubriken geschrieben. Auch finden sich schon Register, aber meist nach seltsamen Prinzipien. Im Taufbuch stellt der Kirchenbuchführer (Küster) nicht die Täuflinge zusammen, sondern die Kindesväter und zwar

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/77&oldid=- (Version vom 10.4.2024)