wir nicht; wenn nur der so oft verkannte Moritz von Sachsen jetzt gelebt hätte! (nehmlich der Churfürst).[1] Nicht Vorlesungen, nicht Worte können es mit uns anders machen, sondern Handlungen, durch einen festen Willen erzeugt, wie er in Saragossa und Tarragona zu sehen war.
Auf diesem Punkte steht aber die Nation nicht, denn weder unsere juristischen oder sentimentalen Fürsten, noch unsere hungrigen Gelehrten haben sie dazu vorbereitet; nur die Noth kann uns dahinn führen. Drum gestehe ich, ist mir auch alle Idolatrie der Deutschheit, wie sie H. Luden in seiner ersten Vorlesung aufstellt, fast lächerlich, deren Styl übrigens Müllerisierend[2] und Woltmannisierend[3] ist. Dergleichen schriftstellerische Bestrebungen erzeugen die jetzige sogenannte wohlgesinnte Jugend, die mit dem Maule Deutschland zu retten glaubt, aber das Vaterland öfter gefährdet und die, wenn sie den Degen in die Hand nehmen soll, sich lieber hinter den Ofen setzt und alles betadelt.
Haben Sie die höchst merkwürdige Schrift von Adam Müller gelesen, welche die Lebuser Stände unterzeichneten? Diese führt fast geradezu zum Aufruhr, denn sie sagt dem Könige[4], daß bei seiner Handlungsweise sein Stamm nothwendig untergehen müsse, daß indessen sie die Stände bereit wären, Blut und Leben für ihn zu lassen – das ist aber eben, was sich hinter dem Schreibtische besser sagt als in der That ausführen läßt. Die Schrift ist höchst merkwürdig und schön geschrieben. Eine zweite, die aber nicht von ihm sein soll, hat die Arrestation veranlaßt.
Sollte ich nicht die Ehre haben, Sie wiederzusehen, so wünsche ich von ganzem Herzen glückliche Reise.
Daß ein Mann, der 1811 die Ermannung der Nation herbeisehnte, im Jahre 1813, als er sah, daß seine Hoffnung sich in Preußen erfüllt hatte, auch sein engeres Vaterland der großen allgemeinen Sache dienstbar zu machen versuchen mußte, wird uns aus dem vorstehenden Briefe recht deutlich.
Am Sonnabend dem 19. November 1513 Nachts war in Dresden ein Priester, Herr Conrad, erschlagen worden. Wegen dieses unerhörten Verbrechens hatte die geistliche Behörde das Interdikt über die Stadt verhängt, das die Einstellung alles öffentlichen Gottesdienstes und der Sakramentspendung zur Folge hatte und so lange dauern sollte, bis der Mörder ergriffen und bestraft sein würde. Da die kirchlichen Gewohnheiten damals viel tiefer in das bürgerliche Leben eingriffen als jetzt, wurde eine solche Verhängung des Interdikts von der Stadt als schwere Benachtheiligung empfunden und war daher geeignet, zu um so größerem Eifer in der Verfolgung des Verbrechers anzuspornen. Der Rath beschränkte sich deshalb nicht darauf, seine Stadt- und Richterknechte nach ihm auszusenden, sondern forderte auch die Inhaber der Gerichtsgewalt in den benachbarten Gebieten, insbesondere den Vogt des Abts zu Celle und den Landvogt zu Pirna, Rudolf von Bünau, dringend auf, ihm beim Aufspüren des Mörders behilflich zu sein. In dem an diese gerichteten Schreiben vom 25. November wird er geschildert als „ein ledig Geselle genant Valten Hackschauer, zymlicher Lenge, an der Person hager, und bleich under seinem Angesicht, mit schlechten swartzen Haren und einem grauen Rock becleydet.“
Gleichzeitig richtete der Rath, mit Unterstützung des Pfarrers Peter Eyssenberg, an den Bischof zu Meißen ein Gesuch um Aufhebung oder wenigstens Erleichterung des Interdikts und bat den ihm befreundeten Domherrn Kaspar von Salhausen, dies zu befürworten. Vermuthlich hat der Bischof die Bitte des Rathes bald gewährt, denn die Entdeckung des Mörders ließ zu lange auf sich warten. Am 3. Februar 1514 schreibt der Rath an den Hauptmann auf dem Hohnstein, Daniel Stanbmol, er habe gehört, daß sich Hackschauer in der Lichtenhainer Pflege aufhalte und dort sein Gewerbe mit geschnitzten Salzmäßchen, Wedeln und dergleichen Arbeit treibe; er bittet, dem Verbrecher besonders in Schenkhäusern und bei Tänzen fleißig nachzustellen, und verspricht denen, die ihn zu Gefängniß bringen würden, eine gute Belohnung. Aber die Spur war, wie es scheint, falsch gewesen. Noch am 30. März 1514 theilt er dem Rathe zu Leipzig mit, daß er dem Hackschauer noch immer mit vielen Unkosten nachstelle. „Seind wir warhaftig bericht, daß er selbwander zw mhermal von Herbipolim (Würzburg) dem Swartzen Baccalaureo und Buchdrucker euerm Mitburger gemalt Brieffe (d. i. Spielkarten) abkaufft, dise Pfenwert (Pfennigwerth) in umbligenden Merckten und Dorffern vortreib, ist vormudtlich, das sie sich beid kurtzlich zw gemelten Buchdrucker umb mher Brieff fügen werden.“ Wie sie beide gestaltet seien und unter welchen falschen Namen sie gingen, werde der Ueberbringer des Schreibens mündlich melden. Der Rath bittet ihm behilflich zu sein, daß die beiden „gemalten Briefträger“ gefänglich eingebracht würden. Ob dies noch geschehen, berichten die Akten nicht. (Kopialbuch A. IX. 18a Bl. 32 flg.)
- Beyer, Paul, Diakonus.
- Drews, Paul, Lic. theol., Archidiakonus.
- Költzsch, Franz Heinr., Dr. phil., Diakonus.
- Schröter, A. H., Postdirektor.
- Schunke, Th. H., Dr. phil., Seminaroberlehrer.
- Vogel, Guido, Amtsrichter.
- Weingart, A. A., Dr. jur., Landgerichtsrath.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/83&oldid=- (Version vom 25.6.2024)