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Geschichte der Preußischen Post. Berlin 1859, S. 34, 99. – G. Schäfer, Geschichte des Sächsischen Postwesens. Dresden 1879. S. 45. – J. G. Droysen, Geschichte der preußischen Politik. Leipzig 1863, III, 2, S. 150.)

Professor Dr. Georg Müller.


Juristenstil im 17. Jahrhundert.

Die Rathsakten A. III. 32 enthalten eine Prozeßschrift aus dem Jahre 1649, die als Pröbchen des alten Juristenstils hier Platz finden möge:

Abgenöthigte Retorsions-Schrifft
George Börners, Stadt-Syndici zue Dreßden
Injuriaten an einem,
contra
Balthasar Beinraden, alß Injurianten undt
Calumnianten anderstheils betr.

Demnach die heylsamen Rechte zuelaßen, daß man die Injurien, so unverschämbte Lästermäuler wieder redtliche Leuthe heraußzuestoßen sich unterfangen, per modum retorsionis ablainen undt dardurch seine Ehr undt Glimpff so wohl als durch kostbahre Processe retten möge, undt aber Balthasar Beinrath sich abermahl unterstanden, in einer bey Churf. Regierung allhier am 18. hujus eingegebenen undt gestrigen Tages durch die verordneten Churf. Commissarien eröfneten, auch ihme Börnern heute in Abschrifft communicirten Supplication- undt Recognition-Schrifft ihn mit allerhandt groben Calumnien undt Injurien an seinem guthen Nahmen, Ambt undt Ehren zue verkleinern, zue schimpffen undt anzuegreiffen, als ob nehmblichen er gedachten Beinraden mit großer Feindschafft, Haß undt Neydt gantz unverschuldeter dinge verfolget, die in der Grünewaldischen Schuldtsache abgegangenen Berichte nomine et praetextu senatus als Parth selbsten concipiret, dieselben mit erschrecklichen unmenschlichen Injurien angefüllet undt also seine grosse Privataffecten, Haß, Neidt und Verfolgung darinnen und sonderlich in deme, worauff die Churf. gnädigste Resolution vom 2. Jannarii negsthin erfolget, verborgener Weise immisciret hette, ja daß er ihn in der Supplication bey Churf. Dchl. darumb, daß das löbl. Churf. Justitienraths-Collegium die wieder sie in dem rechtl. Gesetzen heraußgestoßene Calumnien ex officio vindiciren wollen, vor einen falschen Diffamanten auszueschreyen sich gelüsten laßen, alß will unschuldiger Injuriat solche uf ihm erlogene fälschliche und erdichtete Uflagen, Calumnien undt Injurien ihme, dem boßhafftigen Injurianten undt Diffamanten Balthasar Beinraden, hiermit alsobaldt in seinem unverschämbten Halß und Busen, darauß er sie gespiegen, zue verschlucken und zu verdauen wieder zuerückgeschoben haben, hierumb dieses nicht animo injuriandi, de quo solennissime protestatur, sed se defendendi et delicti exaggerandi gratia sagende, daß Beinradt ihme solches alles alß ein verlogner, zur Landesverweisung condemnirter Bösewicht angedichtet habe, unndt er ihn dahero solang für einen hochsträfflichen Ehrenschänder, falschen Diffamanten undt wie Ihre Churf. Durchl. ihn selbst nennet, rechten Calumnianten und denjenigen, der mit dergleichen Sachen zur Ungebühr nach Privataffecten, Haß undt Neidt zue procediren pflege, achte undt halte, biß er unschuldigen Injuriaten dergleichen, wie Recht, erweisen undt durch Urtheil undt Recht uberzeuget haben würde, mit dienstfreundlicher Bitte, die Herrn Commissarien wolten diese Retorsion gebührlichen registriren, ad acta bringen, auch Beinraden zue seiner Wißenschafft gebührlich insinuiren.

Signatum Dreßden, den 21. Junii anno etc. 1649.
Georgius Börner, Synd.


Buchdruckerhumor.

Die erste Dresdner Buchdruckerei wurde bekanntlich von Wolfgang Stöckel angelegt, der bis 1523 in Leipzig gearbeitet hatte und vom Herzog Georg als Hofbuchdrucker nach Dresden berufen worden war, hauptsächlich um die von dem Hofkaplan Hieronymus Emser gegen Luther losgelassenen Streitschriften zu drucken. Aus dieser wohl noch ziemlich dürftig eingerichteten Druckerei gingen im Jahre 1524 die ersten Dresdner Druckerzeugnisse hervor, unter ihnen ein starkes Oktavbändchen betitelt „Annotationes Hieronymi Emser vber Luthers naw Testament gebessert vnd emendirt.“ Auf der letzten Seite des Büchleins werden einige Druckfehler im einzelnen verbessert und die übrigen mit folgender kuriosen Bemerkung gerechtfertigt: „Die andern buchstaben, so tzu weylen verruckt oder gar außgebliben, Muß ein verstendiger leßer dem synn nach lesen, Dann es ist ym winter bey dem liechte (ßo die stuben warm, vnd die trucker fawl vnd schlefferig seyn) bald was ubersehen.“

O.R.


Die Steinkolosse am Elbberge.

Auf dem ehemaligen Netztrockenplatze der Elbfischer am Ausgange des „Elbberges“ ragten seit Menschengedenken die Kopf- und Rückentheile zweier sandsteinerner Kolossalfiguren aus dem Boden heraus und gaben den Vorübergehenden Anlaß zu allerhand Vermuthungen. Vermeintliche Geschichtskundige wollten die geheimnißvollen Riesensteine für Grenzmarken zwischen Stadt und Vorstadt oder zwischen Raths- und Amtsgerichtsbarkeit oder auch für Merkmale der Stapelgerechtigkeit erklären, andere, der Wirklichkeit näher kommend, erblickten darin Skulpturenreste von einem der Vorstadtthore oder von dem Brühl’schen Belvedere, wozu aber die riesigen Formen der Steine schlechterdings nicht passen wollten. Nun wurden sie im vorigen Jahre bei den Ausschachtungsarbeiten zum Bau der vierten Elbbrücke vollständig bloßgelegt und haben sich als die roh behauenen Blöcke zu zwei halbliegenden Kolossalfiguren, anscheinend einer männlichen und einer weiblichen, erwiesen. Offenbar hat man die Blöcke in den Sandsteinbrüchen, um die riesige Last einigermaßen zu vermindern, roh zugearbeitet, dann hierhergeschafft und ausgeladen, aber infolge eingetretener Hindernisse nicht weiter bearbeitet und unbenutzt liegen lassen. – Ueber ihre ursprüngliche Bestimmung hat ein geschichtskundiger hiesiger Arzt bereits vor etwa 30 Jahren Erörterungen angestellt und deren Ergebniß damals in der „Konstitutionellen Zeitung“ veröffentlicht. Am glaubwürdigsten erschien ihm und erscheint auch uns die Aussage des in der Nachbarschaft wohnenden alten Fischermeisters Krüger, wonach die Figuren bestimmt gewesen wären, am Eingange des Großen Gartens aufgestellt zu werden. Möglicherweise stammen sie schon aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts und hat vielleicht der siebenjährige Krieg ihre Vollendung und Aufstellung verhindert. Geschichtlichen Werth besitzen die Steine, die nun in die Gründungsgrube des Brückenwiderlagers versenkt worden sind, nicht.

O.R.


Todtenschau.

Viktor von Meyenburg, Bildhauer, geb. in Schaffhausen 25. Sept. 1834, gest. 16. Febr. 1895 Ammonstraße 7.

Karl Hermann von Craushaar, Geheimer Rath a. D., geb. in Freiburg a. d. Unstrut 10. Nov. 1810, gest. 18. Febr. 1893 Albrechtstraße 7. – Trinitatisfriedhof.


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/94&oldid=- (Version vom 19.4.2024)