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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/202

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Jahrzehnte in dem heimatlichen Oberfranken, erst längere Zeit dort wohnhaft, dann von Böhmen aus, wohin er zurückgekehrt war, zeitweilig dort erscheinend, für die Bewegung, für die er seinen eigenen Aussagen nach einst in Prag von den Magistern Peter und Niklas gewonnen worden war[1].

Die Klärung der Frage, wie hoch speziell Peters Anteil daran zu bemessen sei, daß der Utraquismus in der von der Überlieferung berichteten Weise in die böhmische Bewegung hineingetragen wurde[2] muß Berufeneren vorbehalten bleiben. Hier kann ich einerseits nur auf das verweisen, was oben über die von jener Gruppe von Männern bereits in Dresden eingenommene Stellung zu der Frage gesagt ward und wohl geeignet wäre, die Glaublichkeit der betreffenden Überlieferung zu erhöhen. Andrerseits ist es allerdings merkwürdig, daß von theologischer und kirchenpolitisch-sozialer Schriftstellerei Peters bisher noch durchaus nichts an den Tag gekommen ist, während sich Nicolaus von Dresden – (der Beiname: de Drazna, bez. de Drážd’an, wird ihm dabei ständig beigelegt) – in dieser Hinsicht lebhaft betätigt hat. In den Handschriften der K. K. öffentlichen und Universitätsbibliothek zu Prag ist eine Anzahl von Traktaten und Predigten erhalten, die ihm sicher oder mit Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden und eine eingehende Untersuchung ebenso verdienen, wie gewiß verlohnen[3]; vielleicht sind auch anderwärts noch solche vorhanden. Einigermaßen auffällig ist es auch, daß Drändorff, wo er von der in Dresden erhaltenen Ausbildung und religiösen Anregung spricht, das eine Mal nur auf Magister Friedrich ausdrücklich als auf seinen Lehrer Bezug nimmt, das andere Mal ihn wenigstens an erster Stelle vor Peter als solchen nennt. Fast möchte man den Eindruck gewinnen, als habe Peter sich mehr nach der wissenschaftlichen, unterrichtlichen Seite hin zu betätigen Neigung gehabt und sei vielleicht nur, weil er an Alter und Würde den anderen Gliedern der Gruppe voranstand, in der Überlieferung über die Aufrollung der Abendmahlsfrage in Prag so in den Vordergrund gestellt worden, wie es überwiegend geschieht[WS 1].

Jedenfalls sind Peter und seine Genossen in Prag auf der betretenen Bahn weiter vorwärtsgeschritten[4] bis zu den Anschauungen des Husitismus schärfster Richtung, etwa die spezifisch tschechisch-nationalen Begehrlichkeiten ausgeschlossen. Wenigstens bei Drändorff sehen wir diesen Prozeß vollständig und folgerichtig zum Abschluß kommen.

Von Peter selbst erfahren wir nichts weiter, als was seinen Tod anlangt. Denn es kann nicht wohl mehr ein Zweifel dagegen aufkommen, daß er identisch ist mit dem „Magister Petrus de Dräsen“, den 1421 der Bischof von Regensburg in dieser Stadt als Ketzer verbrennen ließ[5]. Er wird sich aus Böhmen aufgemacht


  1. S. Näheres bei H. Haupt in der Deutschen Zeitschr. für Geschichtswissenschaft, Bd. 3 (1890), S. 351 f. 359. Vgl. Döllinger, J., Beiträge zur Sektengeschichte des Mittelalters, Bd. 2, München 1890, S. 626 ff.; hier S. 628 f. die Aussage: „daß er zu Prag in die Schule gegangen sei, aber nicht in das Collegium, sondern in einen Hof dabei; da sei Meister Peter von Dreßen und einer Meister Niklas, ein halber Meister, Schulmeister und Lehrer geweßt, von denen er den Unglauben und Ketzerei gelernt habe“. Welcher von den beiden Lokaten namens Nicolaus dabei gemeint sein mag, läßt sich freilich nicht erkennen.
  2. In nicht recht sachgemäße Beleuchtung wird die Angelegenheit gestellt von F. Cohrs in der Realenzyklopädie f. protest. Theologie usw., 3. Aufl., Bd. 15 (1904), S 221 f., der auch sonst mehrfach unzuverlässiges und veraltetes Material benutzt.
  3. Truhlář, J., Catalogus codicum manu scriptorum Latinorum, qui in c. r. bibliotheca publica atque universitatis Pragensis asservantur, 2 Bde., (Prag 1905. 06): Tractatus de communione sub utraque, Nr. 534; Sermo de communione sub utraque, Nr. 553. 747. 944. 971; Tractatus varii, Nr. 747; De oblationibus, Nr. 553; De usura, Nr. 534. 1537. 1889; De virtutibus theologicis, Nr. 553. – Den erstgenannten Traktat erwähnt schon C. Höfler, Geschichtschr. der husit. Bewegung usw., Teil 3, S. 156, unter Bezugnahme auf dieselbe Handschrift und unter richtiger Nennung des Nicolaus de Drazna als des Verfassers. Es ist ein offenkundiges Versehen, wenn F. Cohrs, a. a. O., unter Berufung auf dieselbe Stelle bei Höfler Peter von Dresden den Verfasser eines Traktats über den Laienkelch sein läßt.
  4. Dahin gehört, was im Chron. Procopii notarii Prag. (bei Höfler, Geschichtschr. der hus. Bew., Teil 1, S. 72) über demonstrativ antikirchliches öffentliches Auftreten derselben berichtet wird: Tunc – (vorher war schon von Hus’ und Hieronymus’ Verbrennung die Rede) – Theutunici de Draždan habentes scolam in Nova Civitate penes Nigram Rosam, specialiter Petrus, qui suasit Jacobello communionem calicis, portaverunt tabulas contra apostolicum scriptas et pictas, qualiter Christus in asello et apostoli nudipedes eum secuntur, et papa cum cardinalibus in mulis et in vestibus pomposi incedunt, dicentes: Ecce vita dissimilis! et alias plures tabulas, et sic populum ab oboedientia abstraxerunt et suas sectas multiplicabant, legitimis sacerdotibus tunc exclusis. Die Glaubwürdigkeit dieses Berichts an sich wird nicht wohl bezweifelt werden können, obschon der Wert der Quelle im ganzen nicht hoch angeschlagen wird (Lorenz, O., Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter usw., 3. Aufl., Bd. 1, S. 321) und auch die zeitliche Einreihung in den Gang der Ereignisse sich nicht hinreichend genau vollziehen läßt (vgl. z. B. den Irrtum über die Zeit, wo Jakob(ellus) von Mies mit der Ausspendung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt begonnen habe, in der Appendix a. a. O., S. 77). An die Jahre 1416/17 wird schon zu denken sein.
  5. Vgl. die Farrago hist. rer. Ratisponensium eines Ungenannten (i. d. Scriptores rerum Boicarum, ed. A. F. Öfele, Bd. 2, Augsburg 1763, S. 511) zum Jahre 1421: H(oc) a(ano) Joannes de Streitperg episcopus Ratisponensis praeficitur. . . Sub eodem degradatus est et iudicio seculari traditus ad comburendum quidam magister Petrus de Dräsen pertinaciter defendens novem articulos Wicleff haeretici. Der Gleichsetzung scheinen zunächst so, wie sie jetzt gedruckt dastehen, die Worte zu widersprechen, deren sich Drändorff bei der ersten Erwähnung seines Dresdner Aufenthalts mit Bezug auf Peter und Friedrich bedient (bei Kapp, S. 38 f., vgl. Kr. S. 55): „et ambo

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gegeschieht
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/202&oldid=- (Version vom 18.12.2024)