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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/203

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haben hinaus „ins Reich“, um dort, zunächst Fühlung suchend mit den von der herrschenden Kirche schon abgewandten, waldensisch beeinflußten Kreisen, für die weiter entwickelten Ideen der böhmischen Bewegung in ihnen und womöglich noch in breiteren Schichten der Bevölkerung Propaganda zu machen, wie dies wenig später Drändorff getan hat, dessen Aussagen einen so tiefen Einblick in die einschlägigen Verhältnisse gewähren. Und auch Magister Friedrich hat allem Anscheine nach das Gleiche getan und, wie sie, den Feuertod erlitten[1], nur daß wir bis jetzt nicht sagen können, wo und wann dies geschehen sein mag, außer daß es vor Drändorffs Verhör (13. Februar 1425) geschehen sein muß.

Zündstoff war draußen im Reich, insbesondere in den unteren Schichten der städtischen Bevölkerung und in der Bauernschaft, an vielen Stellen und reichlich genug vorhanden, um eine solche Propaganda nicht aussichtslos erscheinen zu lassen und die Hoffnung zu nähren, daß auch dort sich eine gewaltsame Erhebung gegen die derzeitigen Machthaber und überkommenen Zustände in Kirche und Staat werde herbeiführen lassen. Doch ist hier nicht der Ort, darauf von neuem näher einzugehen[2].

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Die von mehreren Händen des 15. Jahrhunderts geschriebene Miszellanhandschrift der K. K. öffentlichen und Universitätsbibliothek zu Prag, die den nachstehend abgedruckten Traktat Peters als elften unter vierzehn verschiedenen, doch mit Ausnahme eines Tractatus de musica durchgängig auf – selbstverständlich lateinische – Grammatik und Verslehre bezügliche Bestandteile enthält, ist nicht erst neuerdings aufgefunden worden. Aber das Schriftchen, das unauffällig oben auf der Rückseite von Blatt 166 anhebt, diese Seite und die Vorderseite von Blatt 167 ausfüllt und mit vier Zeilen oben auf der Rückseite desselben Blattes ausläuft, war früher übersehen worden. So ist sein Vorhandensein erst seit 1905 durch die von J. Truhlář ebenso umsichtig wie sorgfältig durchgeführte Katalogisierung der lateinischen Handschriften jener Bibliothek bekannt geworden[3]. Der Hinweis darauf ist Herrn Dr. Viktor Hantzsch zu verdanken, der das wertvolle Werk auf Materialien für Geschichte Dresdens hin durchgesehen hat. Herrn Ratsarchivar Professor Dr. Richter bin ich zu aufrichtigem Danke dafür verpflichtet, daß er mir die Möglichkeit verschaffte, die Handschrift auf der hiesigen Stadtbibliothek zu benutzen. Nicht minder schulde ich ihm und den Herren Oberschulrat D. Dr. Buddensieg und Archivar Dr. Beutel Dank für freundlichen Beirat in mancherlei Schwierigkeiten, die sich bei der Feststellung des Textes boten.

Die Abhandlung, wie sie vorliegt, ist nicht von Peter selbst niedergeschrieben; das lehrt ein Blick auf die Art und Zusammensetzung des Sammelbandes ohne weiteres. Aber von der an ihrem Ende angegebenen Zeit der Abfassung [4] liegt die der Abschrift kaum sehr entfernt. Der Abschreiber hat übrigens anscheinend, wie dies des öfteren vorkommt, seine Vorlage nicht überall richtig gelesen oder verstanden [5]. Seine eigene Schrift bietet insbesondere mit den überaus zahlreichen und kühnen Abkürzungen einer sicheren Lesung die mancherlei Schwierigkeiten, die der Buchschrift jener Zeit eigen sind, und in den vorhandenen Hilfsmitteln zur Auflösung solcher wird aus naheliegenden Gründen gerade die hier einschlägige Literaturgattung nicht speziell berücksichtigt. Auch finden sich, obwohl der Schreiber

im ganzen dem zeitüblichen System der Abkürzung folgte, hier und da nicht nur verschiedene Abbreviaturen für dasselbe Wort, sondern auch solche von besonderer


    obierint Prage“, doch auch so nicht unbedingt. Drändorff könnte sich in seiner bedrängten Lage versprochen oder den Sachverhalt unklar ausgedrückt haben; denn daran ist ja nicht zu denken, daß er gerade hier absichtlich etwas habe verschleiern wollen, wie er es bei all seiner sonstigen mannhaften Offenheit wiederholt tut, um noch lebenden Gesinnungsgenossen nicht durch seine Aussagen zu schaden. Oder der Protokollant könnte richtig Gesagtes falsch aufgefaßt haben. Am wahrscheinlichsten aber löst sich die Schwierigkeit auf folgende Weise. In dem Abdruck bei Kapp finden sich außer Druckfehlern hier und da auch offensichtliche Lesefehler. Man würde dies, denkt man an die zu vermutende Schriftart der handschriftlichen Vorlage, nicht verwunderlich finden, auch wenn der Herausgeber nicht ausdrücklich über die schwere Lesbarkeit derselben klagte und im voraus um Nachsicht für etwa daraus sich ergebende Fehler bäte (S. 5. 32). Wie nun, wenn im Original zu lesen war: „et ambo abierint Pragam“? Dann ist der Zusammenhang an dieser Stelle in bester Ordnung, und die andere Stelle, wo der beiden Männer von Drändorff gedacht wird (s. d. folgende Anm.), steht damit in keinerlei Widerspruch.

  1. Wenn Drändorff im Angesicht des ihm sicher vor Augen stehenden Märtyrertodes bei der zweiten Erwähnung seiner Lehrer Friedrich und Peter, denen er nächst dem Heiligen Geist seine religiöse Überzeugung zu verdanken habe, sagt: eorum doctrinam esse sacram et veram, et esse mortuos in via et fide Christi, et utinam ipse sic mori posset (bei Kapp S. 58f., vgl. Kr. S. 55, wo aber leider durch ein Versehen die Worte via et weggeblieben sind), so glaube ich dies auch mit Bezug auf Friedrich nicht anders als in dem oben angegebenen Sinne gemeint auslegen zu können, zumal da mit Bezug auf Peter, wenn ich richtig sehe, die Sache in der Tat stimmt.
  2. Vgl. die oben in Anm. 12 angeführten Schriften.
  3. Truhlář, J., Catalogus usw. (s. oben Anm. 20), Nr. 998 (Bd. 1, S. 415), wo der Band bibliographisch bestimmt und sein Inhalt angegeben wird.
  4. Eine andere Auffassung der Angabe kann nach Lage der Sache wohl nicht in Betracht kommen.
  5. Gewiß ist dies der Fall Z. 117 mit minus, das durch den Zusammenhang gefordert und durch genau entsprechende Redewendungen in anderen Schriften dieser Literaturgattung gesichert wird, während die Schriftzüge selbst eher auf eine andere Lesung hinweisen. Ähnlich steht es mit Transitiva Z. 131 und reperiuntur Z. 176, vielleicht auch mit einer oder der anderen von den Lesungen, zn denen ich ein Fragezeichen setzen mußte.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/203&oldid=- (Version vom 2.12.2024)