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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/259

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Abdrucks „Kaiser Friedrich in Venedig“ stumm geblieben bin, kein Dankeswort geäußert. Es geschah mit Willen, und wurde mir schwer; Dir waren die Wünsche und Pläne des Academischen Raths nicht unbekannt, die Entscheidung verschob sich von Monath zu Monath, ich konnte gegen Dich davon nichts erwähnen, und wollte doch nicht schreiben, ohne davon zu sprechen. Nun ist die Fessel gelößt, und vor allem sprech ich Dir nun meinen wärmsten Dank für das treffliche Blatt aus, das außer seinem großen künstlerischen Werthe als ein Zeichen Deiner fortdauernd wohlwollenden freundschaftlichen Gesinnung seinen Werth für mich verdoppelt, und mich außerordentlich freut. Jubeln aber möchte ich, wenn wir nun hoffen dürfen, Dich theuern trefflichen Mann bald selbst hier zu haben, wenn kein neues Hinderniß Deiner Seits der Berufung in den Weg tritt, Dich unser zu nennen ist ein Stolz und eine Freude, nach der sich Alle sehnen. Niemand verkennt es, daß ein solcher Wechsel für Dich mit Opfern verknüpft ist, und besonders für Deine verehrte Gattin, und wir können Dir nicht den Ersatz biethen, den jedes wünschte und möchte, doch hoffen und trösten wir uns damit, daß auch manches in Deiner jetzigen Stellung Deinen Entschluß erleichtern und Dir einen Wirkungskreis in Dresden freundlich und wünschenswerth erscheinen lassen dürfte.

Wenn Deiner Gattin es wohl am schwersten werden wird, München zu verlassen, so halte ich hier entgegen, daß Ihr liebe Verwandte hier findet, daß man Euch von allen Seiten mit wahrer Liebe und Verehrung entgegenkommen wird, ebenso glückliche Verhältnisse werden sich anknüpfen lassen, da es hier auch viel gute Menschen giebt, eine Wohnung mit Garten wird sich gewiß finden, ein Mann Deiner Art wird den rechten Wirkungskreis sich schaffen, des Mannes Befriedigung ist des Weibes Glück, und so werdet Ihr hier im freundlichen Dresden, wo jeder Fremde sich alsbald heimisch fühlt, Euch auch heimisch fühlen. Es wird alles zusammenwirken, Aufgegebnes und Verzichtetes zu ersetzen und – Wunden zu heilen, die Euch vor kurzem geschlagen wurden. Mit warmer Theilnahme habe ich von Eurem großen Verlust gehört[1], ich weiß seine Größe zu würdigen, da ich von solcher Seite schwerer wie mancher getroffen worden bin. In Deinen Dir gebliebnen Kindern ist Dir auch ein Reichthum geblieben, der Dir die Quelle des Trostes seyn wird, und Euch zu den glücklichsten Aeltern machen möge.

Das Schreiben des Sekretairs der Academie ist doch jedenfalls in Deinen Händen, ich weiß nun nicht, wie bestimmt oder unbestimmt Deine etwaigen Verpflichtungen angegeben worden sind, und jedenfalls wird Dir auf Deine Fragen die ausführlichste Antwort zu Theil werden. Die Direction der Gallerie wird, wie ich weiß, Deine Zeit nicht sehr in Anspruch nehmen[2], um so mehr als künftig ein Atelier für Dich im Museum seyn soll. Die Correctur in der Academie, die 5 Wochen im Sommer und 5 im Winter beträgt, klingt schlimmer als sie ist. Im Sommer sind 4 Tage in der Woche Aktsaal, den Du dann verlassen kannst, wenn Du korrigirt hast, also 1 oder 2 Stunden täglich. Im Winter ist der Aktsaal von 5–7 Uhr.

Ich bin gespannt auf Deine Antwort. Künstler und Publikum nehmen gleiches Interesse dran, man sieht die Angelegenheit wie eine Nationalsache an. Erfreue uns mit Deiner Zusage, und möge diese eine Quelle innerster Befriedigung und Freude für Dich und Deine Familie werden. Mit diesem aufrichtigen Wunsche scheide ich heut von Dir, obwohl ich recht viel zu sagen hätte, doch wo anfangen, wo enden, ich hoffe daß ichs einst mündlich kann. Empfiehl mich Deiner verehrten Gattin und bewahr mir Deine wohlwollende freundschaftliche Gesinnung.

In aufrichtiger Verehrung und Ergebenheit treulichst

Dein Freund
E. Rietschel.     

     Dresden d. 25. März 1846.

Bitte beif. Zeilen an Jäger zu geben.


Schnorr an Rietschel.
3.
Theurer Freund,

vor vier Tagen schrieb ich an Herrn von Quandt einige Zeilen um die Ursache der Verzögerung einer entscheidenden Antwort auf das Schreiben Sr. Excellenz des Herrn Ministers ihm mitzutheilen. Da ich immer noch in dem Falle bin von Seiten des Königs Ludwig auf meine Meldung, die nun schon seit acht Tagen in seinen Händen ist, keine Erwiederung erhalten zu haben (ohne welche ich mich als aus seinem Dienste entlassen nicht betrachten, folglich auch Sr. Excellenz Herrn von Wietersheim die Zusage zur Annahme des mir gewordenen Antrages nicht geben kann), so schreibe ich heute diese wenigen Zeilen an Dich, damit man wisse, woran man mit mir ist. Du bist dann wohl so gütig, die Freunde von der Lage der Sache zu unterrichten und womöglich auch Sr. Exc. wissen zu lassen, warum ich noch nicht geantwortet habe.

Nachdem ich im vorigen Jahre auf meine Anzeige von dem damaligen Antrag und meiner Ablehnung

nach wenigen Stunden eine Antwort hatte, glaubte ich


  1. Schnorrs älteste Tochter war am 2. Februar 1846 gestorben.
  2. Dies ist eine Vorhersagung, die sich in späteren Jahren so wenig erfüllt hat, daß der Herausgeber davon nicht schweigen will.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/259&oldid=- (Version vom 4.12.2024)