Der einzige Stadtmusikant war in Dresden ursprünglich der Kreuztürmer. Er besorgte sowohl das Stundenblasen vom Turme als das Musizieren bei öffentlichen Aufzügen und bei Hochzeiten. Zu größeren Festlichkeiten, insbesondere zu der Johannisprozession oder zu vornehmen Hochzeiten, ließ der Rat im 16. Jahrhundert wiederholt die Leipziger Stadtpfeifer kommen. Im Jahre 1572 aber wurden „um der Musica willen und gemeiner Stadt zur Zier“ vier Stadtpfeifer angestellt. Sie erhielten nach dem Tode des damaligen Türmers ihre Wohnung auf dem Kreuzturme. Bald nachher wurde an Stelle der vier Stadtpfeifer ein einziger angenommen, dem die Haltung der nötigen Gesellen und Lehrjungen selbst oblag. Er führte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts den Titel Stadtmusikus[1]. Der als solcher im Jahre 1652 angestellte Johann Leuterding erhielt folgende Bestallung:
„Wir Bürgermeister und Rat der Stadt Dresden hiermit tun kund: Demnach der ehrbare und kunstreiche Johann Leuterding, Musikus von Budissen, nach unseres gewesenen Stadtpfeifers Marx Uhlitzschens Absterben umb dieselbe vorledigte Stelle bei uns angehalten und wir ihn auf vorhergegangene Proba, auch anderer verständigen Leute Recommandation darzu tüchtig befunden, als haben wir uns folgender Bestallung mit ihm verglichen, als nämlich:
Es soll gedachter Johann Leuterding zur Forttreibung seiner Kunst sich guter tüchtigen Gesellen und Jungen befleißigen und dadurch diese Residenzstadt und Kirchen allhier mit allerhand zu dieser Kunst gehörigen Instrumenten versehen. Die Stunden (wann er durch Aufwartung bei den Hochzeiten oder Gastereien daran nicht verhindert wird) früh, vor- und nachmittage zu gewöhnlicher Zeit abblasen. Die Stellung des Seigers und daß derselbe zu rechter Zeit gezogen werde, vor sich oder durch die Seinigen uf den Turm mit Fleiß verrichten, auch die Stunden mit der Trompete melden lassen.
Dofern (welches Gott in Gnaden verhüten wolle) ein Feuer ausköme, soll er vermöge der Feuerordnung, sobald das ufbrennende Feuer gesehen wird, durch den Glockenschlag solches melden, auch alsobald, so es am Tage, die rote Fahne herausstecken, des Nachts aber die hierzu gehörige Laterne mit einem brennenden Licht gegen dem Teile der Stadt, in welchem das Feuer ist, heraushängen, daß man sich desto besser darnach zu richten habe; würden aber zwei Feuer zugleich ufgehen, so soll er auch zwei Feuerzeichen heraushängen.
Die Hochzeiten in und vor der Stadt soll er nebenst seinen Gesellen mit Fleiß versehen und das Ufwarten, daß sich darüber niemand zu beschweren und selbsten Ehr und Ruhm davon haben möge, verrichten, auch wann schon mehr als eine oder deren etzliche zusammen kommen möchten, solche vor sich oder durch andere bestellen, inmaßen er nicht unbillig vor allen anderen Musikanten dem Herkommen nach den Vorzug haben und behalten soll. Jedoch weil sich auch andere der Musik Zugetane allhier befinden, so soll er diejenigen, welche allhier in der Kirchen mit ufwarten, wann er Adjuvanten benötiget, vor anderen fremden darzu nehmen und sie dessen genießen lassen. Es sollen aber auch dieselben sich darbei also bezeigen, daß er und die interessirende Hochzeitleute damit zufrieden sein können.
So oft der Herr Superintendens in der Sophienkirchen des Montages prediget, soll er, wie bräuchlich, in derselben so wohl in der Frauenkirche, wie bräuchlich, mit seinen Instrumentis sich finden, auch zu Alt-Dresden in sechs Wochen einmal, wenn er hierinnen abkommen kann, sich hören lassen.
Wenn die Herrschaft[2] ufm Schlitten fähret, muß er das Abblasen uf dem Rathause verrichten, auch wenn bei der Bürgerschaft etwas vorfällt, daß sie ufwarten[3] müssen, zwei Trommelschläger und zwei Pfeifer verschaffen und vorstellen. Hingegen soll er von uns ufn Kirchturm mit notwendigen Logiamenten und Wohnung versorget und hierüber von Zeit seines Anzuges als von 1. Mai jüngsthin an zu rechnen zur Besoldung ihme gereichet werden wöchentlich 1½ Gulden an Gelde, 22 Gulden Kleidergeld, 5½ Scheffel Korn wegen der Lichte aus dem Ambt S. Materni, 4 Gulden vom Weiser zu stellen. Ferner haben wir ihm zu seinem bessern Auskommen aus angeführten beweglichen Ursachen wöchentlich noch 10 Groschen 6 ₰ aus unser Kammer zu reichen gewilliget und hat er hierüber das Neue Jahr sowohl in der Festung als zu Alt-Dresden und vor dem Wülsdorfer Tore von den Inwohnern und Bürgerschaft dem Herkommen nach zu sammlen und einzufodern, so hat er auch auf den Hochzeiten das gewöhnliche Lohn als von jeder Stimme 1 Taler und was die Gäste aus guten Willen uflegen, zu gewarten, hierüber aber keinen was abzufodern, vielweniger einen oder den andern ohne sonderbare Verehrung einen Tanz zu versagen.
Urkundlich haben wir ihm diese Bestallung unter unsern Insiegel und gewöhnlichen Subscription ausgefertiget, die er auch mit eigener Hand unterschrieben und die gewöhnliche Pflicht abgeleget.
So geschehen in Dresden, den 23. Juli Anno 1652.
(Siegel)
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/26&oldid=- (Version vom 28.11.2024)