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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/34

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führte eine „Weinbergstraße“ von der Großenhainer Straße am Vorwerk vorbei nach der Trachenschlucht, vom Hof des Wilden Mannes führte ein Wirtschaftsweg südlich zur Großenhainer Straße. Zu Seiten des Vorwerkes findet sich links und rechts je ein größeres Gebäude angedeutet, wohl das Taubische Haus und das im ehemaligen Karpzovischen Weinberg an der Großenhainer Straße stehende Weinbergshaus. Jenseits der Großenhainer Straße aber steht im alten Trachenberg ein Gebäude, das wohl ebenso wie das Taubische Haus ein altes Weinbergshaus war, unter die Gerichtsbarkeit des Neustädter Religionsamts gehörte und zu jener Zeit „zur roten Kuh“, später „zum roten Ochsen“ hieß[1].

Zwei Gründe waren es hauptsächlich, welche Frau von Zittwitz zur Verlegung des Gasthofs bewogen: die Unannehmlichkeiten, welche die Nähe der Schank- und Herbergsräume bei der herrschaftlichen Wohnung mit sich brachte, und das voraussichtliche Steigen des Pachtertrags auf dem Wilden Mann, wenn der Gasthof statt auf dem abgelegenen Weinberge an der belebten Großenhainer Straße stand. Sie hatte zunächst das Haus zur roten Kuh in dem sogenannten Albhardischen Weinberg als geeignetsten Ort für die Übertragung der Konzession ins Auge gefaßt, mußte jedoch, „weil es der Wildbahn zu nah gelegen“, davon absehen. Dafür bemühte sie sich, die Gasthofsgerechtigkeit für das erwähnte Weinbergshaus im vormaligen Karpzovischen Weinberge zu erlangen. Diesmal fand sie geharnischte Widersacher in dem Amts-Landrichter und Erbschenken Johann Heinrich Kießler in Reichenberg und in der brauenden Bürgerschaft der Stadt Dresden. Die Dresdner Bürgerschaft erklärte sich insbesondere mit dagegen, weil „auch zur Sommerszeit viel Einwohner der Stadt gereizt werden, auf dergleichen abgelegenen, mit allerhand Bequemlichkeiten versehenen Orten ihr Geld zu verzehren“.

Rosine von Zittwitz erlangte indessen 1773 die gewünschte Konzession und vollzog die Verlegung, sie schmückte das neue Gasthaus mit der noch jetzt erhaltenen Figur des Wilden Mannes, wie sie früher bei Festen, auf Münzen und als Wappenhalter vielfach gebräuchlich war, hier auch beim Eingang zur Heide und zum „Heydeberg“ einen besonderen Sinn annahm. Der „Canon“ des Gasthofs zum Wilden Mann wurde von 2 Talern auf 4 Taler erhöht.

Im Jahre 1800 erwarb der in Dresden angesessene Kaufmann von der Breling das Vorwerk zum Wilden Mann; er erbaute den Pavillon am Hochwald oberhalb der Weinberge. Die bauliche Erscheinung des Vorwerks dürfte sich seit dieser Zeit nicht wesentlich verändert haben.

Im August des Jahres 1813 stand nach mündlicher Überlieferung das Korps des General Vandamme südlich vom Wilden Mann. Die Artillerie war an einem Teufelszwirnzaun unweit der Jeßnitzfelder auf dem damaligen Artillerie-Exerzierplatz[2] aufgefahren. Nach dem Rückzug des französischen Heeres führten die Bemühungen der französischen Besatzung in Dresden, die Verbindung mit Torgau aufrecht zu halten, zu Scharmützeln in den Trachenbergen. Eine Folge des Krieges war es, daß König Friedrich Wilhelm III. von Preußen bei der Verstimmung des sächsischen Hofs auf seinen ständigen Reisen nach Teplitz nie in Dresden selbst, sondern stets am Wilden Mann, in dem früheren Haus zum roten Ochsen, das einem Baron von Schüßler gehörte, abstieg[3].

Durch Reskript vom 12. Februar wurde im Jahre 1822 Policarp Friedrich Lechla mit dem Vorwerk belehnt. Im Kaufe ist insbesondere auch der zu Dippelsdorf und Rhänitz gelegenen Wiesen gedacht. Für einen Teil dieser Wiesen, den sogenannten Mockritzteich, erwarb Lechla, der das Gut noch etwas vergrößerte[4], 1832 die ihm für die übrigen Teile zustehende Kanzleischriftsässigkeit. Lechla verunglückte durch einen Sturz in spitze Weinpfähle tödlich, das Gut ging indessen erst 1870 aus dem Lechlaischen (zuletzt Trinius’) Besitz in andere Hände über. 1898 wurde es mit seiner geminderten Flur, die noch bis zu dieser Zeit für jeden, der den Stadtplan betrachtete, mit den Jeßnitzfeldern südlich des Pauli-Friedhofes auffällig in die Dresdner Flur einschnitt, dem Stadtgebiet einverleibt.

3. Die Weinbergsgemeinden in den Trachenbergen.

Der Weinwachs der Trachenberge grenzte unmittelbar an die Heide. Daß auch in diesem Teil der kurfürstlichen Heide ein hoher Wildbestand gehegt wurde, ist uns, wenigstens bis zum Schluß der Regierung Friedrich August des Gerechten, bezeugt. Noch 1815 kamen mündlicher Überlieferung zufolge Rudel von 15 und 16 Stück Hochwild in die Felder der Neudorfer


  1. Ratsarchiv C. XLI. 12 Bl. 36. Die Karten zum Campement v. J. 1753 verlegen den roten Ochsen (der anderwärts bei Petri, Dresdn. Bibl. Mappe 343 Tab. geogr. B. Sax. G. 110, weißer Ochse heißt) auf die Stelle des heutigen Wilden Manns and nennen das Haus im alten Trachenberg „weiße Lilie“.
  2. Auch später biwackierten Franzosen hier. In der Nacht vom 16. September 1813 fand in dieser Gegend ein Zusammenstoß zwischen Franzosen und Kosacken „ohnweit Kammerdieners“ statt. (Abb. dieses Gefechts mit Ansicht von „Kammerdieners“ im Besitze des Verfassers.) Ein Überrest aus dieser Zeit ist die Napoleonsschanze im Park des Gardereiterregiments vor der Kaserne. 1822 verunglückte „auf dem damals hochbeholzten Waldplane“ hinter den Trachenbergen der Artilleriehauptmann Hirsch, woran ein Denkmal erinnert. Bald darauf ward der Platz zum Schießplatz an Stelle des Exerzierplatzes an der Jeßnitz umgewandelt.
  3. Leupolds Wanderbuch, S. 103.
  4. Trachauer Kaufbuch 1813 Bl. 220b.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/34&oldid=- (Version vom 3.12.2024)