Zum Inhalt springen

Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/100

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Uebergang über die Elbe forciert und ein weiteres Vordringen der preußischen Armee verhindert wurde. Letztere zog sich nach einigen kleineren Scharmützeln nach Schlesien zurück und die Sachsen nahmen Winterquartiere in Nordböhmen.

Im Frühjahre 1745 rückten die verbündeten Armeen, die österreichische unter dem Prinzen Karl von Lothringen und die sächsische unter dem Herzoge von Weißenfels, dem preußischen Heere entgegen und in Schlesien ein. Hier kam es am 4. Juni 1745 zu der blutigen Schlacht bei Hohenfriedberg (oder Striegau), an welcher Gersdorff an der Spitze des Regiments Xavier theilnahm. Die 25,000 Mann Sachsen, den linken Flügel bildend, noch vor Tagesanbruch von 70,000 Mann Preußen überraschend angegriffen, schlugen sich mit der größten Bravour, vermochten aber allein der Uebermacht nicht stand zu halten. Die österreichische Armee hatte auf sich warten lassen und traf erst ein, als die Sachsen das Schlachtfeld bereits hatten verlassen müssen. So wurde der Sieg Friedrichs II. ein vollständiger. Der Verlust der Sachsen in dieser Schlacht war bedeutend. Gersdorff selbst blieb unverletzt, aber er hatte seinen noch nicht ganz 38 Jahre alten Bruder, den Oberstlieutenant seines Regiments Wigand Gottlob von Gersdorff, zu betrauern, welcher erst kurz vor dem Feldzuge sich verheirathet hatte[1]. Derselbe befehligte in der Schlacht ein Grenadierbataillon, mit welchem er in eine isolirte Lage gerathen war und von preußischer Reiterei fast umzingelt wurde. Nach Zurückweisung wiederholter Aufforderungen, sich zu ergeben, wurde das sich heldenmüthig vertheidigende Bataillon zusammengehauen. Der Oberstlieutenant von Gersdorff und 400 seiner braven Grenadiere blieben todt auf dem Platze.

Die vereinigten Oesterreicher und Sachsen gingen nach Böhmen zurück und bezogen Lager bei Königgrätz; die preußische Armee folgte langsam nach und schlug ebenfalls Lager auf. Während man hier längere Zeit unthätig sich gegenüberstand, wurde der Generalfeldmarschall Herzog von Weißenfels mit der sächsischen Hauptmacht im Monat August 1745 in die Heimath zurückberufen, weil das kursächsische Territorium unmittelbar bedroht erschien. Nur 6000 Mann verblieben in Böhmen, unter österreichischem Oberkommando und vertragsmäßig in österreichischem Solde stehend. Dazu gehörte das Regiment Xavier unter dem Befehle Carl August von Gersdorff’s.

Als die Preußen sich anschickten, nach Schlesien zurückzukehren, wurden sie von der österreichisch-sächsischen Armee am 30. September 1745 bei Hohenburkersdorf oder Sohr in der Gegend von Trautenau angegriffen. So zweckentsprechend österreichischerseits die Dispositionen getroffen waren, so gelang es doch der Kriegskunst Friedrichs II., den Sieg davon zu tragen. Gersdorff zeigte in dieser Schlacht an der Spitze seines Regiments eine zähe Tapferkeit gegenüber den Anstürmen der preußischen Kavallerie und nachrückenden Infanterie, bis durch eine feindliche Kugel ihm die eine Schulter zerschmettert wurde. Es wird berichtet, daß er noch nach dieser schweren Verwundung die nöthigen militärischen Befehle ertheilt und noch ehe er in Sicherheit gebracht war, eine beträchtliche Summe zum Zwecke der Verpflegung der Verwundeten des Regiments aus seiner Tasche gespendet habe. Annehmbar hat er bald thunlichst nach Sachsen sich zurücktransportiren lassen und daher dem Einmarsche der österreichisch-sächsischen Armee in Schlesien und in die Lausitz, dem Treffen bei Katholisch-Hennersdorf am 23. November und der Schlacht bei Kesselsdorf am 15. Dezember 1745 nicht beigewohnt. Bekanntlich machte der Dresdner Friede vom 25. Dezember 1745 dem zweiten schlesischen Kriege ein Ende.

In der über zehn Jahre andauernden Friedenspause, welche dem siebenjährigen Kriege voranging, kam infolge der unheilvollen Verwaltung des Grafen Brühl weder der Staat aus seiner traurigen Finanzlage heraus, noch vermochte der Wohlstand der Bewohner des hart geprüften Landes in der früheren Weise wieder aufzublühen.

Was unsern Gersdorff anbelangt, so sind aus diesem Zeitraume folgende Lebensereignisse desselben zu berichten. Sein schon mehrfach erwähnter jüngster Bruder Christoph Leopold, welcher 1740 als Hauptmann den Abschied genommen und in Preußen als Major und Stallmeister des Königs Anstellung gefunden hatte, war nach einigen Jahren in kursächsische Dienste zurückgekehrt. Unterm 31. Oktober 1746 wurde derselbe als Oberstlieutenant dem von Carl August von Gersdorff befehligten Regimente Prinz Xaver zugetheilt. Hierin durften beide Brüder einen werthvollen Beweis des Vertrauens erblicken, welches in ihre Charaktere und in ihr Taktgefühl gesetzt ward. Zum zweiten Male hatte nun Carl August einen jüngeren Bruder als Untergebenen unmittelbar unter sich.

Später, unterm 3. Mai 1748, erhielt er den Charakter als Generalmajor, behielt aber das Regiment bis 1750 noch bei, in welchem Jahre er auf den Etat der Generalmajore rückte[2] und sein Bruder ihn im Regimentskommando ersetzte.


  1. Mit Friederike von Pauli (welche später, als Wittwe, sich anderweit mit dem Geheimen Rathe Frhr. von Fletcher verheirathet hat). Vorher, seit 1738, war Wigand Gottlob v. G. bereits mit einer Freiin von Fletcher vermählt gewesen. Vgl. Lausitzer Magazin, XX, 83 ff.
  2. Mit einem Gehalte von 183 Thlr. monatlich, also jährlich 2196 Thlr. – Uniform (seit 1735): weiße Röcke, rothe Westen,
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/100&oldid=- (Version vom 24.7.2024)