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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/276

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setzte er ein F. hinzu, soll heißen Fähnrich. In diesen Gedichten, deren Veröffentlichung also mitten in seine Kriegszeit fällt, und auch später ist der Krieg des öfteren gestreift, aber nur ein einziges Mal bricht eine kriegerische Stimmung sich Bahn, wie man sie bei einem Kriegsmann erwarten kann; und selbst da nennt er Eingangs den Krieg umschreibend „die Lebensart, die fast auch Leben nicht zu nennen“. Ueberall sonst, wo überhaupt der Krieg erwähnt ist, tritt eine kriegsfeindliche Stimmung zu Tage: die Empfindung des Gelehrten und Dichters, daß der Krieg die Künste des Friedens schwer schädige, die Anschauung, die damals immer mehr Boden in Deutschland gewann, daß dieser Krieg ein Unglück sei, vor Allem ein Unglück für Deutschland. „Teutschlandts Unglück und die Besserung zu erbitten, von zweyen Damen zu singen“ ist ein Gedicht betitelt, das sich von der besonderen Frauenklage über die räuberische Art des Krieges, der die Geliebten unerbittlich dahinrafft, am Schluß zu dem allgemein empfundenen Flehen erhebt:

„Laßt, ihr Wolken, unser Singen
Durch bis zu den Sternen gehn:
Durch den Himmel muß es dringen
Und vor Gottes Ohren stehn.
Gott Du aller Götter Gott,
Schleuß doch einmal alle Noth!
Ende doch mit heutgem Tage
Alles Unglück, alle Plage!
Segne unsre Wohnungs-Länder,
Schütze uns und unsre Stadt:
Knüpfe selbst die Fürstenbänder,
Die der Neid zertrennet hat.
Laß doch einmal rufen aus,
Daß wir und das Teutsche Haus
Von dem Hunger, Pest und Kriegen
Unbelästigt stille liegen.“

In einem Sonnett klagt er:

„Uns drücket immer mehr das nimmersatte Joch:
Christen und Christen sich in ihrem Land bestreiten;
Der Mensch noch rühmlich lebt von bluterfüllten Beuten,
Des Mavors Kälberfell gewinnet gar kein Loch.“

In einem anderen Gedicht, dessen Anfang die Musenstadt Leipzig feiert:

„am Wasserfluß der Baar (= Parthe) und Bleiß,
Wo Leipzig ist erbauet,
Da wohnt der Pallas höchster Preis“

schildert er den vernichtenden Einfluß des Kriegs auf Kunst und Wissenschaft durch einen allegorischen Angriff des Mars auf den Parnaß:

„Er schosse seinen Pulverblitz
Aus Mörseln und aus viel Geschütz
Auf des Parnassus Spitze“

läßt aber den Wunsch den Vater des Gedankens sein, indem Apollo, Pallas und die Musen den Angriff siegreich abschlagen. Doch zeichnet er in dem „Soldatenlied . . . an Damon“ auch den ungestümen Wagemuth und die wilde Kampflust, die der Krieg entfacht:

„Deine von Lob entbrannten Sinnen,
Die setzen itzt
Ihr Dichten, Trachten und Beginnen,
Wo Feuer blitzt,
Wo Pulver, Blei das Frühstück sei
Und wo von Schlagen ein Geschrei“

und entrollt im Anschluß daran mit dem sicheren Griffel eines, der selbst dabei gewesen, das anschauliche Bild einer Schlacht.

Außer dem Leben im Felde scheint Brehme auch die Leiden und Freuden eines Werbeoffiziers gekostet zu haben. Ein in seinem Briefsteller veröffentlichter Brief (Nr. 17), der wie mehrere andere dieser Sammlung zu eigenartiges Gepräge trägt, als daß er nur als Schema erfunden sein könnte, erzählt sehr drastisch die schlimmen Erfahrungen einer Werbefahrt: „Geld ist überall angenehm, aber wo ich so unvorsichtig mit handeln wollte, möchte ich mir nur dadurch Schelmen sammeln, die nach der Empfängnis ihre Ehre den Füßen befehlen und mir den Rücken und leeren Beutel zu beschauen hinterließen . . . Soll ich alte entkommene Knechte aufreden, so fordert sie ohne Entgelt ihr erster Besitzer in unserer nächsten Zusammenkunft wieder.“ Es mag wohl das Amt des Werbeoffiziers, namentlich in der zweiten Hälfte des Krieges, kein solches gewesen sein, dem der Erfolg leicht und mühelos am Wege erblühte. – Unter den militärischen Freundschaften, die Brehme schloß, tritt besonders hervor das Verhältniß zu Hans Albrecht von Lützow; sächsischem Kapitänleutnant im Wolfersdorfischen Regiment zu Fuß, der in der Schlacht bei Wittstock fiel. Brehme widmet ihm eine poetische Grabschrift, eingeleitet durch eine allegorische Erzählung, in der das Gedächtniß aller gefallenen Heerführer des Krieges erneuert wird.

Nimmt man seine Aeußerungen zusammen, so ergiebt sich, daß ihn das Soldatenleben nicht mit großer innerer Befriedigung erfüllt haben mag und daß er froh gewesen sein wird, endlich eine passende Gelegenheit gefunden zu haben, ihm mit Vortheil für immer Valet zu sagen. Daß er selbst diese Gelegenheit mit Eifer gesucht und durch vornehme Vermittlung erstrebt hat, scheint ein Brief (Nr. 8) aus der schon erwähnten Briefsammlung anzudeuten, in dem ein vornehmer Hofmann ersucht wird, dem Briefschreiber eine Anstellung im fürstlichen Dienste zu verschaffen. Der Schreiber sagt da von sich, sehr bezeichnend für die damalige Stellung des Soldatenstandes in der

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/276&oldid=- (Version vom 20.8.2024)