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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/277

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Schätzung des friedlichen Bürgers: „Mich treibt die Ungebühr, mit welcher die ganze Welt unsern Soldatenstand bezichtiget, davon ab, daß ich lieber die Mühseligkeit des Hofes, als die Glückseligkeit dieser allgemeinen Verachtung dafür haben will. Ich will lieber den Kopf voller Müh und Arbeit mit gutem, als die Hände voller Geld und Gut mit bösem Gewissen haben.“ Gute Beziehungen zum sächsischen Hofe muß Brehme übrigens schon 1637 gehabt haben, denn Finckelthaus ruft ihm in dem erwähnten Empfehlungsgedicht zu:

„Es weiß schon Deine Kunst
Der alte Fürstenhof und trägt Dir seine Gunst
Mit vollen Schalen auf ... “

Am 15. September 1639 kam Brehme an den Hof zu Dresden und übernahm eine Anstellung als Geheimer Kammerdiener beim Kurprinzen. Von da ab war Dresden sein dauernder Wohnsitz und Wirkungsort. Hier begründete er nun auch einen festen Hausstand und erwarb ein eigenes Haus in der Wilsdruffer Gasse (jetzt Nr. 16). Am 29. November 1641 vermählte er sich mit Anna Margaretha, der Tochter des verstorbenen kurfürstlichen Sekretärs Gabriel Voigt. Dieser Ehe entsprossen zwei Söhne und eine Tochter, die aber in zartem Kindesalter dahinstarben. Nachdem ihm die Gattin am 21. September 1652 durch den Tod entrissen worden, schloß er einen zweiten Ehebund, der kinderlos blieb, mit der Tochter des Bürgermeisters Valentin Schäffer, Ursula Rosine, die ihn überlebte. – Sein Hofamt gewährte ihm die erwünschte Muße zu schriftstellerischer Thätigkeit. Im folgenden Jahre kamen zwei Schriften aus seiner Feder ans Licht. Die eine ist der schon erwähnte Briefsteller, verknüpft mit einer neuen Sammlung von Gedichten, verlegt in Leipzig, aber gedruckt in Dresden unter dem Titel: „Art und Weise kurtze Brieflein zu schreiben, gewiesen in ... 25 allerhand Schreiben. Darzu kommen etliche Geist- und Weltliche Dichtereyen“. Gewidmet ist das Buch dem Grafen Heinrich X. von Reuß. Das andere ist eine kleine Gelegenheitsschrift: Am 24. Juni 1640 wurde nämlich auf Anregung der Leipziger Buchdrucker das 200 jährige Jubelfest der Erfindung der Buchdruckerkunst begangen: zu Ehren dieser Feier veranstaltete die Druckerei von Gimel Bergens Erben die Ausgabe einer Festschrift, verfaßt von Brehme und betitelt: „Gründlicher Bericht von Erfindung der Edlen und Hochnützlichen Kunst Buchdruckerey“. Dieser „gründliche Bericht“ ist aber sehr ungründlich und eine flüchtige Kompilation.

Im Jahre 1647 wurde ein Werk von ihm vollständig, dessen ersten Theil er bereits elf Jahre zuvor in Leipzig veröffentlicht hatte, ein Schäferroman in vier Theilen: „Die Vier Tage Einer Newen und Lustigen Schäfferey, von der Schönen Coelinden vnd Deroselben ergebenen Schäffer Corimbo“ oder „Newe Hirten Lust von dem Schäffer Corimbo vnd der schönen Hirtin Coelinden“ (Dreßden, Gimel Bergens Erben 1647)[1]. Im Nachwort kündigt er weiter an: „Künftig soll eine andere lustige Begebenheit, welche etwas lang, in einer verdeckten Mummerei ausgetragen werden“. Von diesem Werk ist nichts bekannt.

Seine ersten Dresdner literarischen Arbeiten von 1640 zusammen mit der Gunst, deren er sich bei Hofe erfreute, haben ihm wohl die Bahn zu einem weiteren Fortschritt geebnet. 1639 war durch den Tod Johann Nienborgs die Stelle des Bibliothekars bei der kurfürstlichen (heutigen Königlichen Oeffentlichen) Bibliothek erledigt worden. Am 15. Juni 1640 richtete Brehme ein Gesuch an den Kurfürsten, die Stelle ihm zu übertragen, wobei er sich auf die warme Empfehlung seines Herrn, des Kurprinzen, stützte. Der Erfolg war ihm günstig, seine Bestallung zum kurfürstlichen Bibliothekar ist am 26. August 1640 ausgefertigt. Die Besoldung betrug 100 Gulden jährlich. Die Inspektion der Bibliothek führte der Oberhofprediger, ohne dessen Vorwissen und Anordnung er „nichts verändern noch verrücken“ sollte. Die Bibliothek lag damals sehr darnieder, denn der lange Krieg ließ wenig Sinn und noch weniger Geld für wissenschaftliche Interessen übrig. Kurze Zeit nach Antritt seines Amtes beantragte Brehme eine Revision der Bibliothek – seit 1595 hatte keine stattgefunden – und bittet um Zuordnung geeigneter Gehilfen. Diesen Antrag wiederholte er

während seiner Amtsdauer wohl fünfmal, aber immer


  1. Das ganze Werk von 1647 befindet sich in der Göttinger Universitätsbibliothek, die 1636 erschienene Wintertagsschäferei in der Breslauer Stadtbibliothek. Das Werk ist anonym erschienen. Schon Neumeister de poetis Germanicis (1706) schreibt es Brehme zu, giebt aber keine Gründe dafür an. Das Vorwort ist unterzeichnet „Der Beständige“. Das wurde der Anlaß, daß das Werk mehrfach (z. B. von Bobertag, Geschichte des Romans) einem Friedrich von Drachsdorf zugeschrieben wurde, der in der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ obigen Beinamen führte. Doch legten schon verschiedene innere und äußere Gründe die Annahme nahe, daß Brehme der Verfasser sei: der wichtigste ist, daß Brehme im Nachwort zu seinem Briefsteller das künftige Erscheinen seiner „Schäfereien“ in Aussicht stellt. Den Ausschlag aber giebt eine unscheinbare Kleinigkeit. Gegen Schluß des Romans versenkt sich Corimbo in eine Betrachtung seines bisherigen Lebens und streift da wirkliche Begebnisse, verdeckt unter verstellten, aber leicht erkennbaren Orts- und Personennamen. Ein Satz lautet: „ich verlor meinen teuren Hartned“. Unter Brehmes Gedichten findet sich nun folgendes: „An seinen Hans Valtin Denhart (†), als er seine Hand in einem Stammbuche fand“ – Hartned ist Denhart. Der „Beständige“ ist vermuthlich kein Gesellschaftsname, sondern ein Beiname, den sich der Verfasser zur Bezeichnung der unwandelbaren Treue des Corimbo, unter dem er sich selbst versteckt, beilegt.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/277&oldid=- (Version vom 20.8.2024)