vergeblich. Wie schwach es um die Abwehr von Schmutz und Staub, dieser grimmigen Bücherfeinde, beschaffen war, zeigte das mehrmalige dringliche Verlangen einer gründlichen Reinigung, das einmal mit der Unmöglichkeit begründet wird, die Bibliothek überhaupt jemandem zu zeigen, ein andermal mit dem klagenden Hinweis, „damit die in den Staube erliegende rohe Materien (d. h. ungebundenen Bücher) nicht gänzlichen verterben“. Schlimmer noch klingt es, wenn Brehme, nachdem er schon 1644 eine Verbesserung des in den oberen Schloßräumen befindlichen Lokals zum Schutz gegen den Regen angeregt hat, noch sechs Jahre später die Thatsache feststellen muß, daß es an zwei Stellen einregnet, und um Besichtigung durch Werkleute und bauliche Verbesserung bittet. Ferner sieht er sich öfters genöthigt, ausdrücklich eine Geldbewilligung nachzusuchen, weil noch viele Bücher ungebunden liegen, und fügt 1641 dieser Klage die weitere hinzu, daß ohnedies gar wenig von neuesten Autoren vorhanden sei. Von größeren Erwerbungen sind während der Amtszeit Brehmes zwei bewirkt worden, davon eine durch Ankauf. 1643 wurde die Handbibliothek der verstorbenen Wittwe Christians II. aus dem Schlosse Lichtenburg einverleibt, bestehend aus 171 theologischen Büchern; und nach dem Kriege, 1651, wurde die vorwiegend philologische Sammlung der Wittenberger Professoren Friedrich und Christian Taubmann angekauft. Die Bibliothek war damals, wie sich aus Brehmes Berichten ergiebt, auf außerordentliche Geldbewilligungen des Kurfürsten von Fall zu Fall angewiesen. Brehmes Bestreben, die Begründung eines ordentlichen Bibliothekhaushalts zu erwirken, um größere Stetigkeit in die Entwickelung zu bringen, war nicht von Erfolg begleitet. Während so durch Ungunst der Zeit auf Schritt und Tritt Stockungen und Hemmnisse entstanden, die Brehme meist vergeblich zu überwinden versuchte, ist nur auf einem Gebiete ein deutlicher Fortschritt sichtbar. Die seither fast nur auf die kurfürstliche Familie beschränkte Benutzung ward jetzt stärker und ausgedehnter, doch ging sie auch jetzt noch nicht wesentlich über den Hof und die Geistlichkeit hinaus. Mit dem Ausleihungsgeschäft nahm er es offenbar nicht sehr genau: sein Nachfolger erhebt den Vorwurf gegen ihn, daß er die Bücher „nur mit Bleistift auf kleine Schedulas aufgezeichnet, die man nun fast nicht mehr recht lesen kann“. Wegen Zunahme seiner Geschäfte beim Stadtrath sah sich Brehme nach vierzehnjähriger Amtsdauer genöthigt, am 1. Juni 1654 um seine Entlassung aus dem Bibliotheksdienste nachzusuchen: er betonte aber dabei, daß, wie er sich ausdrückt, „außer E. Churf. Durchl. Diensten zu sein mir ... großen Kummer in meinem unterthänigst getreuen Herzen veruhrsachen dürffte“ und bittet deshalb, daß ihm „die Inspection darüber ... so lange gnädigst gegönnt werden möchte, biß die Bibliothec nach gehaltener richtiger revision in einen andern Stand gebracht und die vorgeschlagenen Hülfsmittel würklichen darbey practiciret würden, damit also nach meinen Wuntzsch das ganze Corpus der Bibliothec sich hinführo besser anschauen lassen dürffte“. Zu seinem Nachfolger empfiehlt er den seit 1650 am Dresdner Hof befindlichen David Schirmer, indem er namentlich auf dessen Verdienste als Hofdichter hinwies. Allen seinen Wünschen wurde Rechnung getragen: die Entlassung wurde ihm bewilligt und zugleich die außerordentliche Inspektion der Bibliothek neben dem Oberhofprediger als Oberinspektor übertragen und bis zu seinem Tode belassen; Bibliothekar wurde David Schirmer. Der Frage, ob dieser mit seinem späteren Urtheile, daß Brehme sich der Bibliothek „wegen seiner Rathsgeschäfte nicht eifrig angenommen“, ganz Recht hatte, mag wohl ein Hinweis auf die Schwierigkeiten, mit denen Brehme zu kämpfen hatte, und auf die eifrige Theilnahme, die er noch in seinem Entlassungsgesuch für die Bibliothek zeigte, gegenüber gestellt werden.
Sicher ist freilich, daß ihn die Rathsgeschäfte immer mehr in Anspruch genommen hatten. Am 2. Mai 1642 war Brehme in den Dresdner Rath gewählt worden. Als Aemter wurden ihm zuerst zugetheilt das eines Kommissionsherrn, die Schulinspektion mit vier andern Räthen zusammen, das Quartieramt und die Soldatengeldereinnahme. In den beiden ersten Aemtern saß er nur einige Jahre. Dauernd behielt er, wohl in Rücksicht auf seine kriegerischen Erfahrungen, das Quartieramt bis zu seiner Wahl zum Bürgermeister und die Soldatengeldereinnahme bis zu ihrer Aufhebung 1652. Die Soldatengelder waren eine Steuer, die seit 1610 die sächsischen Städte mit Ausnahme der Stadt Dresden, der dafür die Einquartierungslast oblag, zur Unterhaltung der Dresdner Besatzung entrichteten, und deren Einnahme dem Rath zu Dresden übertragen war. Neben anderen Aemtern, die Brehme nur vorübergehend führte, kam dann noch die Malzbesichtigung hinzu, ferner seit 1652 das wichtige Bauamt und seit 1655 das Religionamt. Diese Aemter gab er alle ab, als er am 1. Mai 1657 zum regierenden Bürgermeister gewählt wurde. Als solchem fiel ihm das Materniamt zu und später das Brückenamt. Durch Gunst des Landesherrn ward er 1660 mit der weiteren Würde eines kurfürstlichen Rathes geschmückt. Nach der bestehenden städtischen Rathsverfassung war Brehme in den Jahren 1657–1667 viermal regierender und ebenso oft beisitzender Bürgermeister.
Seine vielseitige Stellung im amtlichen, höfischen, gelehrten und literarischen Leben verschaffte ihm naturgemäß einen großen Kreis persönlicher Beziehungen. Ein bequemes Hilfsmittel für jene Zeit, die Fäden
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/278&oldid=- (Version vom 20.8.2024)