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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/287

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In einem anderen sagt er sprichwörtlich für die Anwendung einer geringen Sache zu einem hohen Zweck:

„Mistgabeln braucht man nit, daß man hängt Kränze dran:
Sonst würde man sie auch in schönen Stuben han.“

oder er läßt einen Liebenden, der in die Ferne gegangen, seiner Liebsten den der bäuerlichen Ausdrucksweise entnommenen zarten Trost spenden, sie solle nicht fürchten,

„Daß ich in dem neuen Thor
Neues Vieh auch lieben muß.“

Daß sich in seine Sprache häufig volksmäßige Wörter mischen, ist in diesem Zusammenhang zu wiederholen. Nicht so oft, daß man daraus allein Schlüsse ziehen könnte, aber doch hin und wieder stößt man bei ihm auf Schilderungen von einer natürlichen und doch treffsicheren Einfachheit, wie sie der Volksempfindung eigen ist, so im Folgenden:

„Aus dem Bronnen, draus sie trinket,
Wäscht und spiegelt sie sich auch
Und mit nichts sonst sie sich schminket,
Als mit dem’; die beste Laug’
Ist das Wasser aus dem Bronnen,
Das so kräftig von der Sonnen.“

Eine oder die andere Stelle in seinen Gedichten muthet auch fast volksliedartig an; es wird in Gleichnissen gesprochen, aber so, daß die verglichenen Dinge nicht bloß in einen äußeren Zusammenhang, sondern in eine innere, ursächliche, ja förmlich seelische Wechselwirkung gebracht werden, die auch die Geschicke gleichartig beeinflußt:

„Kein Vogel ohne Luft kann leben,
Kein Fisch auf dürrem Sande bleibt,
Kein Krieger ohne Schwert kann siegen,
Ein Mühlrad Wind und Wasser treibt:
Kein Leib kann ohne Herze leben ...

Und nun wirkt das Herz auf die ihm verglichenen Dinge zurück.

„Und wann das Herz kommt auf den Mund,
So wird der Vogel Lüfte kriegen,
Der Fisch wird Wasser haben satt,
Des Kriegers Schwert wird nicht still liegen,
Das Mühlwerk Wind und Wasser hat.“

Ueberhaupt liebt es Brehme, durch Gleichnisse und Bilder dem Gedanken eine gewisse Plastik zu verleihen. Er wünscht ein Glück von so langer Dauer,

„Bis ich des Himmels Augen zähle,
Den reichen güldnen Sternenschatz.“

Die Lust gilt ihm als der Stein, darunter die Traurigkeit vergraben liegen soll. Seinen heißen Liebesschmerz, den er in einer Thränenfluth ertränken will, facht doch der Hauch seiner kummervollen Seufzer von Neuem zur brennenden Flamme an. Diejenigen, die die bloße Schönheit ohne Tugend lieben, vergleicht er mit den „Trunkenen, die vom besten Wege weichen“, oder mit der „flüchtigen Fliege“, die von der Durchsichtigkeit des Glases getäuscht, durch die Fensterscheibe ins Freie strebt und sich den Kopf einstößt,

„Meint die Klarheit gehe weiter,
Weil das Glas so hell und heiter,
Wird doch oft ihr Todtenhaus:
Gleich so, wenn ihr Schönheit schauet,
Güldne Berge darauf bauet –
Hinter dieser ist der Tod.“

Auch treibt er Spiel mit Gleichnissen: in einem Sonett giebt er eine lange Kette gleichnißartiger Begriffsbestimmungen, „was der Studenten erster Hering sei ...“: „eines guten Tags Verderben ..., der fleißigen Feder Sterben, ein offner Beutel Geld, dem Kellner ein Erwerben“ u. s. f. Wie ihn seine Lust an einer bilderreichen Sprache gelegentlich auch zu Geschmacklosigkeiten verführt, dafür sind oben schon etliche Beispiele gegeben. – Neben dem Reichthum an Bildern und Gleichnissen fällt bei Brehme weiter das Bestreben auf, die Gedanken kurz und eigenartig auszuprägen und durch ein Spiel mit Gegensätzen zuzuspitzen. Einen Liebenden läßt er gegen seine Geliebte in die Klage ausbrechen:

„Sterne, Winde, Wasser, Erden,
Alle Ding’ in dieser Welt
Können oft verändert werden.
Nur alleine Dir gefällt
In der Unbeständigkeit
Sein beständig alle Zeit.
Ich vergleich Dich keinem Steine,
Der von Tropfen höhlet sich:
Denn die Tropfen, die ich weine,
Können nicht erweichen Dich.“

Auch die Volkssprache liebt ja einfache Antithesen von durchsichtiger Klarheit, ähnlich etwa, wie die folgende, die sich bei Brehme findet, zur Bezeichnung eines vom Kummer Geplagten:

„Ich geh am hellen Tage
Und habe dunkle Nacht.“

Dieses Streben nach knappem und plastischem Gedankenausdruck zusammen mit der Neigung zum Moralisiren, die aus verschiedenen der zuletzt angeführten Gedichtstellen hervorschaut, mußten ihn schon von innen heraus zu Formen der Dichtung führen, die durch ihre Kürze und runde Abgeschlossenheit zu einer tendenziösen Zuspizung des Inhalts herausfordern: zum Sonett und Epigramm. Brehme hat das Sonett gern gepflegt; als eine Besonderheit in dieser Gattung ist zu erwähnen, daß er sich mehrmals im daktylischen Sonett versuchte[1]. Zum Epigramm mag Brehme auch mit von außen her gelangt sein: vom Roman aus. Im Epigramm hat er menschliche Schwächen gegeißelt, Tadelsucht, Neid, Zorn, Ungenügsamkeit, Verschwendung, Trunksucht und andere Untugenden.


  1. Welti, Geschichte des Sonetts, 1884, S. 115.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/287&oldid=- (Version vom 25.8.2024)