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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/43

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sie durch den inwendig ganz offnen Thurm einen freien Fall bis zu unterst in die Kirche hinab gehabt hätten und ohne Zweifel großen Schaden causiren können. Nichtsdestoweniger seind gedachte beide Glocken von der Hitze ganz zersprungen und zum Gebrauch untüchtig worden, dahero nothwendig vollend zerschlagen und umbgegossen werden müssen; wiewohl etliche die Ursache des Zersprengens daher ziehen wollen, daß solches durch das continuirliche Wassersprützen, so von dem Kirchboden durch das Fenster des Thurms auf die erhitzte Glocken geschehen, wäre causiret worden. Die größte Glocke, so in dem mittlern Churm gehangen, ist mit großer Mühe noch errettet worden, daß sie an sich selbsten unversehret blieben, jedoch ist der Stuhl auf der einen Seiten etwas angegriffen und beschädiget gewesen, wiewohl es kein hauptsächlicher Schade, sondern mit wenig Mühe und Kosten gar leicht hätte repariret werden können.

Sonnabends den 1. Mai, nachdem der Brand nunmehro völlig gedämpfet, seind in den ausgebrannten Thurm neue Gerüste und Böden geleget, die Brände aus dem Wege geräumet, das Mauerwerk, so von der Hitze inwendig ganz zersprungen und zermalmet, vor dessen gefährlichen Einfall mit Stützen verwahret, die größte Glocke mit einer Haube von Bretern, damit von herabfallenden Steinen oder sonst deroselben kein Schade geschehe, bedecket, die andere große Glocke aber nächst dieser, daß selbige bei Wegräumung des Schuttes nicht weiter sinken oder fallen könne, mit einem starken Seile fest gemachet und sonst allenthalben nöthige Vorsorge gethan, ingleichen das abgefallene Kupfer wie auch das losgebrannte Eisenwerk in den Marstall geschaffet und mit Wegräumung des Schuttes angefangen worden, selbigen Tages auch von abfallenden Steinen und sonsten zween Arbeiter ziemblich beschädigt worden.

Den 2., 3., 4., 5., 6. und 7. ejusdem ist gleichergestalt mit Abräumung des Schuttes, wie auch mit Aufziehung und Anschaffung allerhand Zimmer und Breter zu nöthigen Gerüsten fleißig continuiret worden, damit zu Abtragung des ausgebrannten Gemäuers man desto schleuniger gelangen könne, ehe etwa dasselbe vermittelst einen starken Windes oder sonsten von sich selbst einfallen und großen Schaden verursachen möchte.

Den 8. dito, Sonnabends vor Cantate, ist an eine Glocke, so über der großen Treppe im Seitenthurm zur rechten Hand befindlich, insgemein die Bierglocke genannt, ein Seigerhammer applicirt und nachmittage umb 4 Uhr zum ersten Mal gezogen und so fort, bis die neuen Seigerschellen wieder zum Stande kommen, darmit verfahren worden. Weil auch bei Löschung des Feuers vom aufgetragenen Wasser auf der großen steinern Treppe und sonst ein groß Gefletzsche erreget worden, welches das Kirchengewölbe zum Theil mit betroffen und bei der Wand etwas durchgeschlagen, dahero man Sorge getragen, ob möchte von solchen Durchweichen sich etwas ablösen, in die Kirche herunterfallen und jemanden beschädigen, so ist bald anfangs den 1. Mai unten in der Kirchen hintern Rathstuhl querüber, sowohl auch oben auf der steinern Emporkirche selbiger Gegend ein Unterscheid oder Abschnitt von Bretern gemacht worden, daß bei Verrichtung des Gottesdienstes die Leute solcher Orten sich eine Zeit lang enthalten müssen, wie denn auch die große Kirchthüre solche Zeit über etliche Wochen lang gesperret und zugehalten worden....

Am 12. dito ist das Kupfer des obersten Thurms, so auf dem Gemäuer sitzen blieben, auch vollend abgenommen und weggeschaffet worden, welches nebenst dem übrigen, so heruntergefallen, zusammen gewogen 62 Ctr. 731/4 Pfd. Folgende Tage ist nicht allein mit Zuricht- und Verfertigung derer Gerüste aufn Thurm noch immerzu fortgefahren, sondern auch zugleich unten bei der großen Kirchthür eine Bretwand umb den Schutthaufen herumb aufgeschlagen und darinnen die Branderde oder Schutt ausgesiebet, die gröbesten Stücken des zerschmolzenen Metalls herausgeklaubet, die übrige kleine ausgesiebete Erde aber in einer über der Katzbach darzu aufgerichteten Bretbude oder Hütte durch einen von St. Marienberg anhero beschriebenen Bergmann Namens George Kühn ausgewaschen und also das noch darunter befindliche Metall abgesondert und gereiniget, auch darmit vom 5. Junii an bis 17. Sept., da gemelte Hütte wieder abgetragen, in die 16 Wochen lang zugebracht worden, da denn das Metall, so allein aus dem Schutte geklaubet und gesiebet oder gewaschen worden, sich belaufen auf 79&nbsp Ctr. 10 Pfd.

Den 26. Mai ist mit Abtragung des Thurmgemäuers der Anfang gemachet und diesen Tag die vier steinern Engel, so uf den vier Ecken des hohen mittlern Thurms gestanden, abgenommen und so fort in die 8 bis 10 Wochen ungefähr darmit continuiret worden. Den 10. Junii hor. 10 antemer. ist durch die Stadtpfeifer wiederumb zum ersten Mal vom Kreuzthurm gewöhnlichermaßen abgeblasen worden, welches sonst bishero eingestellet verblieben. Im Monat Julio an unterschiedlichen Tagen seind die zwo zersprungene groß Glocken, so im abgebrannten Seitenthurm hiebevor gehangen, oben im Thurm vollend zerschlagen und stückweise heruntergeschaffet worden und hat außer denen Klöppeln die größere an Gewicht gehalten 69  Ctr. 72 Pfd., die andere und kleinere aber 38 Ctr. 103 Pfd.

Montags den 16. Augusti und folgende Tage dieser Wochen ist das Sparrwerk des Ziegeldachs über den mittlern und Seitenthurm gehoben, auch über den mittlern ein rundes Interimsthürmlein zu denen

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/43&oldid=- (Version vom 7.6.2024)