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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/44

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Seigerschellen aufgerichtet worden, welches, Gott Lob, glücklich und ohne Schaden abgegangen. Den 20. Sept. ist die große neue Seigerschelle von 84 Ctr. 50 Pfd. und den 21. ejusd. die kleine von 16 Ctr. 96 Pfd. allhier im Zeughause gegossen worden, worbei etwas Unrath mit zugeschlagen, daß die größere an einem Öhr nicht allerdings vollkommen worden. . . . Den 28. Sept. und folgende Tage ist auch die größte Glocke, ungeachtet derselben, wie oben gedacht, vom Brande kein Schade widerfahren, auf churfürstl. Durchl. gnädigste Specialverordnung in Meinung, daß das ganze neue Geläute in eine bessere und richtige Harmonie desto füglicher zu bringen, gleichergestalt wie die vorigen zum Umbgießen mit einer eisernen Rammel von 8 Centnern schwer, so mit einem Seil in die Höhe gezogen wurde, in Stücken zerschlagen worden und hat selbige am Gewichte sich hernach befunden 188 Ctr. 141/2Pfd. . . .

Ueber den Guß der neuen Glocken und Seigerschellen wurde nun mit dem kurf. Stückgießer Andreas Herold ein Vertrag abgeschlossen. Am 14. Oktober erfolgte das Aufziehen der Seigerschellen in das neue Interimsthürmchen und am 12. November ihre Ingangsetzung.

„Nachdem nun der bishero eingetretene Winter durch Gottes Hülfe überstanden und hingegen die anmuthige und zum Bauen bequemste Frühlingszeit sich wiederumb angefangen.... so ist zuvörderst Anno 1671 den 9. Aprilis die gemeine Vorbitte vor die Arbeiter auf der Kanzel zum ersten Mal aufs neue reiteriret und solche hernach die ganze Zeit über in dieser Kirche bei allen Sonntags- und Wochenpredigten, wie vormals auch geschehen, wiederholet, die erste Hand aber an das Gemäuer des abgebrannten Seitenthurms geleget und solches bis auf den Umbgang und desselben Fußboden gleich abgetragen, auch bis zu Ausgang des Mai darmit zugebracht worden. Dieweil nun die vom Brande entstandene Risse im Gemäuer zum Theil sich noch weiter unter den Umbgang hinunter erstrecket, so seind zu desto besserer Versicherung und mehrer Befestigung gleich neben dem Fußboden des Umbgangs auf allen vier Seiten des Seitenthurms umb und umb große starke eiserne viereckigte Stangen mitten in die Mauer geleget und in die Werkstücken eingeschürfet, an den vier Ecken aber, wie auch im Mittel der Mittags- und Mitternachtseiten mit eisernen Keilen und Ankern in einander gefüget und mit Blei vergossen worden, damit sich ja nichts etwan ablösen oder von einander geben könne, sondern alles desto dichter und fester zusammenhalten müsse. Die Stangen nun, so in vorerwähnten Herrn Vestungs-Obristens, des von Liebenau, Eisenhammer zu Pirna zugerichtet worden, seind uf jeder Seite drei Zoll breit und stark gewesen und haben dem Bericht nach 19 Ctr. gewogen....“

Es folgte nun die Aufmauerung des Seitenthurms und sodann die des mittlern Thurms bis zum Sims des obersten Umgangs. Die Aufsetzung der der neuen hölzernen Haube und Spitze des Seitenthurms bildete den Schluß der diesjährigen Arbeiten, dessen Belegung mit dem Kupferdach blieb für das folgende Jahr aufgespart.

„Nichtsdestoweniger seind gleichwohl die zwo neuen Statuen oder Bilder des Satans anstatt derer vorigen, welche theils vom Brande, theils aber bei Abbrechung des Gemäuers sehr beschädiget, in eben der gleichen Form und Größe aus einem ganz neuen Stein gehauen mittler Zeit ebenmäßig gefertigt und den 23. Okt. wieder aufgerichtet worden, bei welchen obiter zu merken, daß dieselben, exclusive derer Postamenten, in rechter Lebens- oder Mannesgröße, an Gestalt aber unterschieden, indem der vörderste, so den Beelzebub repräsentiret, mit einem langen Rock bis auf die Fußkrallen bedecket, in der rechten Handkralle einen Stein haltend, dem gegenüberstehenden Herrn Christo darbietet, von Angesicht einem Einsiedler mit einem großen krausen Barte ganz ähnlich, mit großen, weit ausgespreiteten Hörnern, so nebenst denen Flügeln von Kupfer gemacht, übern Kopf mit einer jüdischen Schlappe bedecket, deren vörderster Zipfel mit einer Quaste vorn überhenget, der hinterste Zipfel aber über den Rücken hinunter bis auf die Füße in eine gräuliche Schlange sich verwandelt. Das hinterste satanische Bild aber, so gleichsam des vördersten Diener bedeuten soll, ist mit etwas kleinern dergleichen Flügeln und Hörnern, auch wie dessen Consort mit gleichmäßigen Rock, so in der Mitten umb die Lenden mit einem abgebildeten Strick zusammengezogen, bekleidet, am Kopfe aber blos mit spitzigen satyrischen Bocksohren und einer krummen Habichtsnase, hat die abgezogene Schlappe wie eine Bergkappe hinten abhangend, in der linken Handkralle ein Gebund Feuerstrahlen haltende, und grausamblich anzusehen.

Anno 1672 Montags nach Misericordias domini den 22. Aprilis ist mit Continuation des Thurmbaues wieder aufs neue der Anfang gemachet... und hat solche Arbeit meistentheils bestanden in der inwendigen Ausfütterung des mittlern hohen Thurms von dem großen Glockengemach an bis an den Sims, worauf der öberste Umbgang hiebevor und jetzo noch stehet; welches dann ein kostbarer und langwieriger Bau gewesen. Bei solcher inwendigen Ausfütterung nun seind in der Mitten unterschiedene starke eichene Schwellen oder Balken querüber in die Futtermauer mit eingemauert und an beiden Oertern starke eiserne Anker, so durch die auswendige Mauer reichen, angemachet; hiebenebenst auch die steinerne Treppe, so in dem Seitenthurm zur rechten Hand sonsten hiebevor daselbsten weiter hinauf bis an die runden Schießlöcher sich erstrecket gehabt,

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/44&oldid=- (Version vom 7.6.2024)