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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/55

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starben beide im Jahre 1855 –: Ernst Ludwig, der preußische General, und Karl Heinrich, der sächsische Oberst.

Aster fand von dem, was er aus dem Nachlasse überkam, nicht allzuviel in druckfertigem Zustande vor und mußte dies noch mehrfach durch Zusätze abrunden. Er veröffentlichte es unter dem Titel „Hrn. Joh. Chr. Glasers... Hinterlassener Gedanken von der Kriegs-Baukunst erste Sammlung“ etc. im Jahre 1776[1]. Mir als Laien wenigstens will diese Schrift allerdings keinen recht bedeutenden Eindruck machen. Ihr reichliches erstes Drittel handelt nach einer Auseinandersetzung über die Ursachen des langsamen Wachsthums der Fortifikation in merklicher Breite von dem Unterschied zwischen Theorie und Praxis, sogenannter theoretischer und praktischer Lehrart, unter scharfen Ausfällen nach verschiedenen Seiten hin und mit mancherlei Anzeichen dafür, als habe den Verfasser mit der Zeit eine gewisse Verbitterung übermannt. Hier kommt vor allem die „muntere“ Schreibart zur Geltung, die Aster in seinen Zusätzen nicht nachahmen kann – wie er sagt – oder nicht nachahmen will. Das zweite Drittel der Schrift behandelt die Historie der alten Befestigungskunst von der Urzeit an bis zu den Veränderungen, welche die Erfindung des Schießpulvers nach sich gezogen hat. Hier werden in ziemlich doktrinär-schematischer Weise die einzelnen Entwickelungsstufen dargelegt und aus einander abgeleitet. Betont wird dabei, daß schon sehr früh der Werth der horizontalen Vertheidigung und dessen, was jetzt die Faussebraye leisten solle, erkannt worden sei. Das letzte Drittel endlich beleuchtet speziell die Entwickelung der Faussebraye, deren Anfänge bis auf Albrecht Dürer zurückgeführt werden, und ihre Zweckmäßigkeit.

Ungleich bedeutsamer ist, was Aster auf den anderweitigen ihm überwiesenen Unterlagen aufbaute: sein bekannter „Unterricht in der Festungsbaukunst“, der in fünf Heften 1787–93 erschien[2]. Das obwaltende Verhältniß wird auf dem Titel bezeichnet durch die Angabe, daß das Werk nach Glasers erwiesenen Grundsätzen aus der Kriegskunst, Natur- und Größenlehre zum praktischen Gebrauch von Aster ausgearbeitet sei. Den Tafeln liegen nach ausdrücklicher Bezeichnung fast durchgängig Entwürfe von Glaser zu Grunde, während von dem Text nur sehr wenig unmittelbar auf Niederschriften von ihm zurückgeht; häufig aber sind Berufungen auf ihn. Indem ich dies nun hervorhebe, soll keineswegs Asters Verdienst geschmälert werden. Das Werk, eine wohlabgewogene und wohlgegliederte Zusammenfassung alles dessen, was für den Festungsbau jener Zeit als maßgebend in Betracht kam, trägt bei alledem den Stempel seines Geistes an sich und geht mit Recht unter seinem Namen. Ebendeswegen würde es allerdings schon an sich zum guten Theil aus dem Rahmen dieser Darlegung fallen, sollte hier näher auf seinen Inhalt eingegangen werden, und ohnedies ist ihm, soviel mir bekannt, in den Kreisen, auf die es berechnet war, die gebührende Würdigung nicht versagt geblieben. Wenn aber ein Mann wie Friedrich Ludwig Aster, dessen klarer Geist und gründliche methodische Schulung auch für den Laien im Fach überall erkennbar ist, – wenn ein solcher Mann sein Urtheil dahin zusammenfaßt, daß Glaser seinerzeit die Bahn zu systematischem Denken über den Festungsbau gebrochen habe, so werden wir es immerhin gerechtfertigt finden dürfen, uns hier auch einmal in unserer Weise eine Stunde mit diesem seinem Lehrer beschäftigt zu haben.


Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.

VIII.

1855.

Juli.

28) Samstag. Nachdem gestern schon die Madonna di S. Sisto von ihrem Platze abgenommen und zum Transporte vorbereitet worden, wird sie heute Punkt sieben Uhr, getragen von den Galeriedienern, wobei Voigt und Müller die Hauptpersonen sind, und begleitet von mir, in das Museum gebracht. Unmittelbar darauf werden viele Tragen in Bewegung gesetzt, und es folgen dem Rafael der Holbein, Tizian (Zinsgroschen) und was sonst noch von der Galerie in das Museum zu schaffen ist. Im Laufe des Vormittags wird alles transportirt und somit der Umzug, wenn auch noch nicht die Aufstellung vollzogen sein... Gegen Abend gehe ich noch einmal in das Museum... Es finden sich daselbst noch einige Personen, welchen der Eintritt von mir gestattet wurde. Auch Seine Excellenz der Oberappellationsgerichts-Präsident von Langenn, der großen Antheil an unserer Galerie nimmt, erscheint. Ihnen allen zeige ich den Rafael und erzähle, wie und wann wir ihn herübergebracht. Langenn freut sich zu hören, daß die Galeriediener die Ehre sich nicht haben nehmen lassen, die Madonna selbst zu tragen, und freut sich ebenfalls, als ich ihm erzähle, daß ich den großen Meister beim Eintritt in das Haus mit lauter Stimme angemeldet habe als „Seine Excellenz, Rafael von Urbino“.


  1. Dresden, Hilscher. 4°. [VI u.] 208 S. m. 4 Tfln.
  2. Dresden, bez. Dresden u. Leipzig, Hilscher. 4o. 381 u. X S. m. 5 Bl. Tabellen u. 33 Tfln.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/55&oldid=- (Version vom 17.6.2024)