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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/76

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VII. Jahrgang          1898          Nr. 1.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.

X.

1856.

Januar.

1) Dienstag.... Sodann schreibe ich mein Gutachten über die bei Payne erschienene illustrirte Ausgabe des Reineke Fuchs, welche größtentheils aus Raubstücken, die der Kaulbachschen Ausgabe abgenommen sind, zusammengesetzt ist. Aus den einzelnen Gutachten der Mitglieder des akademischen Rathes soll das Gutachten der Akademie, das von Seiten der Cotta’schen Verlagshandlung von uns, wie von anderen Akademien gewünscht wird, sich gestalten. Ich schließe mich dem bereits von der Münchner Akademie ausgestellten Gutachten an und beantrage eine energische Erklärung gegen diese Art moderner Wegelagerei. – Gaber besucht uns und berichtet über sein mit Neujahr in Verbindung mit Heinrich Richter[1] ins Leben tretendes Verlagsgeschäft. Gott segne das Unternehmen!

2) Mittwoch.... Meine Komposition, die aus Veranlassung jener Danneilschen Weihnachtsbetrachtungen mir in den Sinn gekommen, „Hirten, die ersten Verkündiger des Evangeliums von Christo“, kommt heute ganz in’s Reine. Dafür sehe ich das Museum aber heute nicht. Um 5 Uhr stelle ich den Akt in der Akademie. Es sind nur wenig Schüler da; der Akt wird aber dann noch in der nächsten Woche stehen.

3) Donnerstag. Heute beschäftige ich mich damit, die große Weintraube aus dem Lande Canaan herbeizuschleppen. Sie ist am Abend so ziemlich in Sicherheit.... Beim Akt finden sich auch heute nur sechs Schüler ein.

4) Freitag. Die Kundschafter des Landes Canaan sammt ihrer Weintraube zur Reife gebracht; das Hirtenbild wird durchgezeichnet.... Es wird Gutzkows „Königslieutenant“ mit vortrefflicher Rollenbesetzung zur Aufführung gebracht, und ich gehe mit Tochter Marie das Stück zu sehen. Es macht mir viel Vergnügen, trotz der vorhandenen Mängel des Stücks und der Aufführung. Die Sentimentalität fällt dem Dichter hauptsächlich, das eitle freche Wesen des jungen Goethe der Darstellung der Fräulein Schönhoff, die ihn giebt, zur Last. Dawison als Graf Thorane, Winger als Rath Goethe, die Berg als Frau Rath, Quanter als Professor Mittler sind vortrefflich.

5) Samstag.... In der Akademie beschließe ich die Woche mit sechs Schülern.

6) Sonntag. Heilige drei Könige..... Joch in München kündiget mir für Anfang Februar die Vollendung seiner Platte an und wünscht bis dahin eine neue Aufzeichnung zu haben. Ich kann Gott danken, daß diesen beständigen Aufforderungen zur Arbeit gegenüber die Lust dazu nicht ausgeht. Ich habe mich heute schon wieder mit zwei neuen Entwürfen beschäftiget; der eine hat die Anbetung der Könige zum Gegenstand, der andere den Untergang des Korah und seiner Rotte.

7) Montag. Schirmer nimmt die Restauration unseres neu erworbenen Bildes vor. Viel ist nicht zu thun. Am meisten hat das Gewand der Madonna gelitten, und da es Schirmer schwer fällt, in einigen durch Flecken entstellten Theilen den Faltengang herauszufinden, so zeichne ich den oberen Gewandtheil vor


  1. Ludwig Richters Sohn.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/76&oldid=- (Version vom 15.6.2024)