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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/90

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in Aquarell ausgeführten Zeichnung, die der Kunstverein im vorigen Jahr ankaufte, angefertigt. Ich finde die Arbeit außerordentlich fleißig und streng in der Zeichnung durchgeführt. Der Gegenstand ist Rindvieh, das am Morgen auf die Weide getrieben wird. Von Gille gehe ich zu Rietschel, der nun bereits mit der Zusammensetzung seiner in Gyps gegossenen Goethe- und Schiller Gruppe-beschäftiget ist.

31) Donnerstag.... Gaber bringt mir einen Abdruck des für den Berliner Verein für religiöse Kunst verfertigten Holzschnitts. Die Zeichnung ist von Pfannschmidt, der Schnitt von Vogel. Man könnte glauben, das Blatt sei in Kupfer gestochen. Das ist nun freilich trotz der bewunderungswürdigen Arbeit kein Lob.

August.

1) Freitag.... Kurz vor 3 Uhr kamen der König von Preußen und der unsere. Es sollte nur die Madonna di S. Sisto gesehen werden, der Weg dahin wurde aber so gar schnell nicht zurückgelegt, endlich langten die Majestäten auf dem Sitze vor dem Bilde an. Die Wirkung war eine große. Was das Glas belangt, hatte ich die Befriedigung, von dem König von Preußen die Frage zu hören: „ob das Glas über dem Bilde sei“. – Unser König entfernte sich gegen halb 4 Uhr, der König von Preußen verweilte aber noch, die Königin erwartend, mit welcher er die Rückreise nach Berlin vom Museum aus antrat. Bevor die Königin kam, besichtigte der König noch mehrere Bilder. Ich nahm auch Gelegenheit, mich für den Orden zu bedanken, worauf der König mit der Hand weitausholend in die meinige lebhaft einschlug und sagte: „wie gern hab’ ich das gethan!“ Bei der Besichtigung der Claudeschen Bilder sagte er mir: in Berlin habe man eines der Bilder zu dem landschaftlichen Hintergrunde in der Oper Armida von Gluck benützt, und fügte dann hinzu, als ich bekennen mußte, daß mir die Armida noch unbekannt sei: „kommen Sie nach Berlin und [ich?] lasse Ihnen die Oper geben“. Die Königin kam, sah auch noch den Rafael, und um 4 Uhr verließen die Herrschaften das Museum und zugleich Dresden.

3) Sonntag.... Um 10 Uhr begebe ich mich dann zu Hähnel, dem ich längst einen Besuch zugedacht habe, zu dessen Ausführung aus Mangel an Zeit ich aber bis jetzt nicht kam. Ich finde ihn auf Elisens Ruhe, seiner jetzigen schönen Wohnung, und bleibe bis gegen 1 Uhr. Er zeigt mir seine Arbeiten, bald aber kommen wir in tiefe Gespräche, die wir im Garten im Schatten der alten herrlichen Bäume fortsetzen. Ich kann nicht ohne große Liebe und Hingebung das Ringen einer so edlen, aber leidenschaftlichen Natur wahrnehmen und noch weniger ohne tiefe Dankbarkeit erkennen, wie gut und redlich er es mit mir meint. Vieles sprechen wir über Angelegenheiten, die auf dem Gebiete der Religion liegen, und auch hier muß ich bekennen, viel mehr Tiefe und Geniüth zu finden, als man zu erwarten geneigt ist. Sehr befriediget und beruhiget, wie man es nach Erfüllung einer Pflicht ist, kehre ich nach Hause zurück.... Platzmann hat mich aufgesucht, ohne mich zu finden, hinterläßt aber ein Bändchen Gedichte, die von seiner Hand geschrieben und seinen Lehrern Rietschel, Richter und mir gewidmet sind.

4) Montag.... Auf der Ausstellung sehe ich ein Paar Sachen, unter Anderem Hübners Carl V. Tüchtig gemacht ist das Bild und der Kopf voll Charakter[1].


Vereinsangelegenheiten.
Jahresbericht für 1897.

Die diesjährigen Veröffentlichungen beschränkten sich auf vier Nummern der „Dresdner Geschichtsblätter“. Es wurde beschlossen, einen „Atlas zur Geschichte Dresdens“ herauszugeben, der in Plänen und Ansichten aus der Zeit von 1521 bis 1898 die Entwicklung der Stadt und des Stadtbildes darstellen soll; das umfangreiche und für die Kenntniß der Topographie Dresdens und seiner Umgegend wichtige Werk wird voraussichtlich im Frühjahr 1898 erscheinen. Vorträge hielten Rathsarchivar Dr. Richter am 20. Januar über die Geschichte der Familie Stübel, am 10. März über frühere Brände der Kreuzkirche und am 10. November über den Ursprung der Stadt Dresden, Pastor Blanckmeister am 10. Februar über Melanchthon und Dresden, Archivar Dr. Beutel am 7. April über Bürgermeister Christian Brehme, einen Dichter des 17. Jahrhunderts, Dozent Dr. Wuttke am 5. Mai über eine Wirthschaftsordnung des Ostravorwerks vom Jahre 1570 und Oberjustizrath von Göphardt am 13. Oktober und 9. Dezember über Karl August von Gersdorff, kursächsischen General und Kabinetsminister (1705–1787). – Am 30. Mai unternahm der Verein einen Ausflug nach Lauenstein, mit dem die Einweihung des von ihm in Gemeinschaft mit den Architekten Schilling und Gräbner errichteten Denksteins für den Erbauer der Frauenkirche, Georg Bähr, in seinem Geburtsorte Fürstenwalde verbunden wurde. Einige 90 Mitglieder des Vereins betheiligten sich an dem Ausfluge; sie wurden auf dem Bahnhofe in Lauenstein von den Herren Amtsrichter Ficker, Bürgermeister Schwenke und anderen begrüßt und in die festlich geschmückte Stadt geleitet. Nach einem Frühstück im Gasthofe zum „Löwen“ begab man sich in die Stadtkirche zur Besichtigung des berühmten Altarwerks und des Bünauischen Epitaphiums; die herrlichen Bildwerke wurden von Herrn Pastor Büttner eingehend erläutert. Weiter wurde dem vormals Bünauischen, jetzt gräflich Hohenthalschen Schlosse ein Besuch abgestattet. Darauf bestieg man die bereitgestellten Wagen zur Fahrt nach dem benachbarten Fürstenwalde. Frei an der Berglehne, dicht an der Stelle, wo bis 1846 das Geburtshaus Georg Bährs stand, ist der Denkstein für den Meister aufgerichtet, eine im Barockstil behandelte, in Sandstein ausgeführte Spitzsäule von mehr als 4 Meter


  1. Die Tagebuchblätter vom 5. bis 30. August enthalten den Bericht über eine Reise nach Würzburg, Heidelberg und Karlsruhe, den ich hier übergehe.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/90&oldid=- (Version vom 14.6.2024)