Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen | |
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187. 188. Die Sprachlaute nach Dauer und akustischem Werth. | 73 |
Nichtdehnbarkeit der specifischen Schälle der Sprachlaute
zwischen Continuae oder Dauerlauten und momentanen
Lauten unterschieden. Zur letzteren Gruppe gehören bloss
die Explosionen der Verschlusslaute, welche letzteren nur eine
Dehnung der zwischen Verschluss und Oeffnung liegenden
Pause (103) bez. der während dieser Zeit ertönenden Stimme ge-
statten. Im Uebrigen wird über die Quantität der Sprachlaute
im dritten Theile (684 ff.) zu handeln sein.
187. Es ist jedoch zu beachten, dass die Fortes häufig gegenüber den correspondirenden Lenes desselben Lautsystems zugleich eine etwas grössere Zeitdauer beanspruchen. So wird die Verschlussstellung bei den schweiz. p, t, k Winteler’s z. B. länger eingehalten als bei seinen b, d, g. In wie weit dies auf einem natürlichen Zusammenhang zwischen Stärke und Dauer der Exspiration oder auf willkürlicher Gewohnheit beruht, mag dahin gestellt bleiben.
188. Wie bereits oben verschiedentlich ausgeführt wurde, kommen bei der Sprachbildung sowohl musikalische Klänge als Geräusche zur Verwendung. Die ersteren, die wir als Stimme zusammenfassen, haben ihren Ursprung nur im Kehlkopf, die letzteren vorwiegend im Ansatzrohr. Nennen wir mit Rück- sicht auf diese Verschiedenheit des akustischen Materials die- jenigen Sprachlaute, bei denen eine Stimmbildung stattfindet, Klanglaute oder, da hier Klang und Stimme identisch sind, Stimmlaute (bez. stimmhafte Laute, vgl. 173), diejenigen aber, welche ein Geräusch enthalten, Geräuschlaute, so er-
geben sich folgende Hauptabstufungen der Sprachlaute nach ihrem akustischen Werthe:
- Reine Stimmlaute oder Sonore.
- Reine (stimmlose) Geräuschlaute.
- Laute, in denen Stimme und Geräusch verbunden sind.
Zur dritten Gruppe gehören z. B. das franz. engl. v, z, wie man nach den oben 28 gegebenen Andeutungen leicht ermitteln kann. Diese Mischlaute sind, je nachdem das eine oder andere Element in ihnen vorwiegt, als stimmhafte Geräuschlaute oder als geräuschhafte Stimmlaute zu charakteri- siren. Doch ist gleich hier hinzuzufügen, dass in der Regel die
Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1901, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eduard_Sievers_-_Grundz%C3%BCge_der_Phonetik_-_1901.djvu/93&oldid=- (Version vom 23.5.2022)