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den Gemeinen Bürger recht bitter auf den Congreß zu machen. Laßt uns hören was sie darüber zu sagen hatten.

Sie verfluchten die Stempel-Acte — das war das erste — und warum? Ja nun — es war eine Stempel-Acte; und eine Stempel-Acte war just eins von den Dingen, worüber der letzte Krieg angefangen wurde[WS 1]. Der Name nur allein, der Name dieser Acte war schon an sich selbst ein schreckliches Ding. Aber ist denn auch dis ein guter Grund warum man so viel Wesens macht?

Beym Anfang der Revolution klagte man nicht über den Namen, man klagte auch nicht über den Inhalt der Stempel-Acte, ja sogar klagte man nicht über die Last, die den Staaten durch diese Acte aufgelegt wurde; sondern man klage nur über den Umstand, daß der König von England und das Englische Parlament diese Acte gemacht hatten. Wir wolten uns nicht, auf diese weise regieren lassen. Wir wolten haben, der König und sein Parlament solten nur sagen wie viel wir, zur Aufrechthaltung der Regierung, zu bezahlen hätten, und denn bestanden wir darauf, daß wir selbst die Art und Weise bestimmen wolten wie das Geld gehoben werden solte. Wir glaubten der Brittische Hof habe sich mehr Gewalt angemaßt als ihm mit Recht zukäme; und besorgten dis sey nur ein Anfang zu ferneren Eingriffen auf unsre Rechte. Drum klagte man über jene Stempel-Acte.

Bey der jetzigen Stempel-Acte kan aber keines von diesen Klagen gelten. Der Congreß hat, nach der Constitution, völliges Recht Taxen zu heben, wann und wie sie wollen. Das habt ihr ihnen selbst eingestanden. Jetzt ist also nicht die Zeit drüber zu murren. Und denn sind auch die Glieder des Congresses keine Fremdlinge, die nichts darnach fragen solten wie wir gedrückt werden. Nein sie sind unsre Mitbürger, und wenn sie uns eine Last auflegen, so fällt diese Last eben so schwer auf sie als auf andre. Sie werden also sicherlich darauf sehen daß uns alles so leicht als möglich gemacht werden möge.

Wenn die Stempelacte eine Last wäre, so fiel bey weitem der schwerste Theil davon auf die reichen Kaufleute. Der Bauer, der Handwerksmann und der arme Bürger werden selten oder gar nicht das geringste davon zu tragen haben. Ein einziger großer Kaufmann in Philadelphia bezahlt so viel von dem Stempel-Tax als ein ganzes großes County im Lande. Wenn also jemand Ursache zum Klagen hätte, so wären es diese Kaufleute. Man hört aber nicht daß sie ein solches großes Murren und Gelerme drüber machen. Nein, gerade diejenigen hausen darüber am meisten, die vielleicht in 50 Jahren keinen Pens werth von diesem Tax zu tragen haben. Welch ein böser, böser Geist der Undankbarkeit!

Hängt denn unsre Freyheit just von einer Stempel-Acte ab? Wenn das der Fall wäre, so hättet ihr es, in der Constitution, nur dem Congreß verbieten können keine Stempel-Acte zu machen: Dadurch wäre dem Ding bald geholfen gewesen. Aber es scheint ihr habt damals, wie die Constitution gemacht wurde, ganz anders gedacht als jetzund.

Damals waret ihr alle eines Sinnes. Es war eurer aller Glaube, daß wo eine Regierung ist, da muß auch Geld seyn, die Regierung aufrecht zu erhalten. Ihr habt alle damals geglaubt, daß es wenig Unterschied mache, was für ein Gesetz es sey, dieses Geld zu sammlen, wenn man nur den leichtesten Weg dazu wählet. Nun aber scheint ein ganz andrer Glaube ausgegangen zu seyn.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Stamp Act, umstrittenes „Stempelgesetz“ durch das die britischen Gesetzgeber erstmals eine direkte Steuer in den amerikanischen Kolonien erhoben
Empfohlene Zitierweise:
unbekannt: Ein Ernstlicher Ruf an die Deutschen in Pennsylvanien. Gedruckt bey Johann Albrecht und Comp. in der Prinz-Strasse, Lancaster 1799, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Ernstlicher_Ruf_an_die_Deutschen_in_Pennsylvanien.pdf/5&oldid=- (Version vom 20.8.2021)