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Wolfgang: Was kümmert mich das? Ist das Gesetz nicht unzweideutig? Freilich ist dieses Gesetz den Gewalthabern abgezwungen. Ein Staat, der auf Gleichheit der Pflichten sich gründet, muß, er muß, sage ich Ihnen, für alle auch das gleiche Recht der Gewissensfreiheit anerkennen. Und ein Land, das noch heute seinen Kindern diese Freiheit beschränkt, sei es noch so groß und gewaltig, wird sich selbst den unfehlbaren Untergang bereiten! Natürlich gehört es auch zur Gewissenfreiheit, daß man auf die Taufe verzichten darf.

Pastor Meiling: (lauernd) Soso – auch auf die kirchliche Trauung?

Wolfgang: Natürlich!

Pastor Meiling: (mit kaum noch unterdrücktem Zorn) Also auch das finden Sie in Ordnung, daß man auf die kirchliche Einsegnung der Ehe verzichten darf? Nun – das ist ja nur konsequent, das muß man sagen. (Ausbrechend) Aber ich hätte doch nicht erwartet, daß ein gebildeter junger Mann dergleichen ohne Erröten sagen könnte. Wohlan denn, mein Herr, ich will Ihnen meine Meinung darüber sagen: Eine Ehe, der des Himmels Segen fehlt, ist nichts weiter als ein Concubinat – ja! – verzeihen Sie meine Damen – aber: ist nichts weiter als ein Concubinat!

Wolfgang: (erschrickt) Himmel –! Was fällt mir ein! – Sollte man – Wie seltsam, daß mir erst jetzt der Gedanke kommt! – Es hat hier doch niemand geglaubt, daß ich – Magdalene! Magdalene!

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Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/32&oldid=- (Version vom 31.7.2018)