es im Kunstwerk, das hervorging aus Menschenhand, und wären es nicht im höchsten Kunstwerke der Schöpfung? …
Unverwandt ruhten seine Augen auf ihrem edlen Angesichte; sie erhob die ihren zu ihm und sah ihn forschend und etwas besorgt an.
– „Sie hören nicht zu – mißfällt Ihnen, was ich spiele … oder hätte ich überhaupt nicht spielen sollen? Ich weiß, Sie lieben Musik nicht immer.“
Sie schloß ihr Notenheft und schob es unter das Pult, das sie langsam niedergleiten ließ. Die kleine Scheidewand, die sie getrennt hatte, senkte sich.
„Thekla“, sprach Sonnberg, „mir gefällt Alles, ich liebe Alles, was Sie thun. Wissen Sie das noch nicht?“
Heller Freudenglanz breitete sich bei diesen Worten über ihr Gesicht, und sie entgegnete schalkhaft, übermüthig: „Gefällt Ihnen auch Alles, was ich sage?“
Paul gab keine Antwort; er blickte schweigend vor sich hin und sagte endlich: „Ich nehme heute für einige Tage Abschied von Ihnen, Gräfin Thekla.“
„Sie wollen fort?“ fragte sie äußerst erstaunt – „und wohin?“
„Auf das Land, zu meinen Eltern.“
„Werden Sie erwartet? Haben Sie zu kommen versprochen?“
„Nein. Ich will sie überraschen.“
„Ah – Sie stehen mit Ihren Eltern auf dem Fuße der Ueberraschungen … So ist das!“
Sie schlug einige Töne auf dem Klavier an, leise,
Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/363&oldid=- (Version vom 31.7.2018)