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Reiseplan? Er will vielleicht nur gebeten werden, ihn aufzugeben, und wäre sehr enttäuscht, wenn Thekla keinen Widerstand leistete. Und zum Widerstand ist sie ja entschlossen! … Es ist freilich ein wenig mühsam, das Alles, und der gute Graf etwas schwerlebig. Aber seine Seltsamkeiten werden sich geben, „wenn Ihr nur erst verheirathet seid,“ meint Mama. Nun denn! Gräfin Sonnberg wird man eben nicht so leicht, wie man etwa – Gräfin Eberstein würde.

Thekla begann eine lebhafte Beredsamkeit zu entfalten. Sie führte ihr ganzes weibliches Rüstzeug von liebenswürdigem Trotz, von anmuthiger Würde und wehmüthigem Scherze in das Treffen; sie war geistreich und reizend und drohte schließlich auf das unwiderstehlichste mit ihrem Zorne. Paul hörte sie an, aufmerksam, gespannt; er sah ihr in die Augen, auf die lieblich gekräuselten Lippen; er schien auf etwas zu warten, auf etwas, das nicht kam, und seine Miene wurde immer kälter, immer strenger. Warum? warum dieses steinerne Lächeln, dieser mißbilligende Blick? Worin verfehlte es die kluge Rednerin? Was wollte er eigentlich hören, was verlangte er von ihr? Sie errieth es nicht, noch immer nicht! – und jetzt war sie zu Ende, jetzt wußte sie nichts mehr.

Er aber schien sich grausam an ihrer Rathlosigkeit zu weiden, und sagte, sie scharf fixirend: „Nehmen Sie sich in Acht! Sie machen mich übermüthig. Ich muß glauben, daß Sie den Gedanken nicht mehr ertragen

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Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/367&oldid=- (Version vom 31.7.2018)