ist wohl eine Einrichtung von den meisten – oder können wir hoffen von allen? – deutschen Hochschulen verbannt worden, dass der Doctorgrad auch in absentia gemacht werden darf, in welchem Punkt bekanntlich mehrere Universitäten Deutschlands eine sehr laxe Praxis eingeführt hatten. Wenn man aber nun der Ansicht sein sollte, dass alle Unzuträglichkeiten, welche die Erwerbung des akademischen Doctorgrades im Gefolge hatte, jetzt abgeschnitten seien, so dürfte man sich einen schweren Irrthum zu Schulden kommen lassen. Zweck dieser Zeilen aber ist, auf einige der noch bestehenden aufmerksam zu machen.
Zunächst kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Werth des in Deutschland errungenen Doctorgrades je nach der Hochschule oder der Facultät, an welcher er gewonnen ist, ein sehr verschiedener sein muss. Während an einzelnen Hochschulen früher eine ganze Facultät beim Examen prüfen durfte, und nicht selten sechs bis acht Professoren thatsächlich sich daran betheiligten, die aus allen möglichen Fächern Fragen stellten, auch solchen, mit denen sich der Candidat niemals beschäftigt hatte und beschäftigt haben konnte – uns ist nicht bekannt, ob dieser Modus schon abgeschafft sei – genügen heute bei den meisten Facultäten drei Fächer, in denen geprüft wird. Einige aber, die besonders mild gestimmt sind, begnügen sich mit einem Haupt- und einem Nebenfach. Da nun als Hauptfach
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/039&oldid=- (Version vom 18.8.2016)